Me Rex Megabear

Me Rex – “Megabear”

Künstler*in Me Rex

Me Rex Megabear Review Kritik
52 Stücke packt “Megabear” in eine halbe Stunde.
Album Megabear
Label Big Scary Monsters
Erscheinungsjahr 2022
Bewertung Foto oben: (C) Fleet Union

Adele findet, ein Album sollte so gehört werden, wie es von Künstler*innen erdacht worden ist, also von vorne bis hinten in einem Stück. “We don’t create albums with so much care and thought into our track listing for no reason. Our art tells a story and our stories should be listened to as we intended”, hat sie im vergangenen Jahr anlässlich der Veröffentlichung von 30 gesagt. Myles McCabe sieht das offensichtlich ganz anders. Er hat Me Rex 2015 zunächst als Soloprojekt ins Leben gerufen, mittlerweile ist die Band aus London als Quartett aktiv. Und was sie mit Megabear abliefert, treibt die Idee des Shuffle-Buttons auf sagenhaft kreative Weise auf die Spitze: Die 52 Songs des Albums (die meisten davon sind genau 32 Sekunden lang) kann man in beliebiger Abfolge abspielen, immer wieder gehen sie dabei alle ineinander über und ergeben eine jeweils neue, spannende Konstellation und Geschichte. Statt eine feste Tracklist vorzugeben, bleibt die Platte ein wandlungsfähiges Werk, das Hörer*innen einbezieht und so für zusätzliche Spannung sorgt.

Inspiriert wurden McCabe sowie Kathryn Woods (Gitarre/Gesang), Phoebe Cross (Schlagzeug/Gesang) und Rich Mandell (Bass/Keyboards/Gesang) von einem Kartendeck, das Jono Ganz entworfen hat. So wie man dessen 52 Karten immer wieder neu mischen kann, so lassen sich die 52 Tracks beliebig neu anordnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass man dabei zweimal auf dieselbe Reihenfolge stoßen wird, ist äußerst gering – genau damit schaffen Me Rex einen riesigen Raum von Möglichkeiten, der sowohl mit der Ordnung und Strenge der Mathematik spielt als auch mit dem Durcheinander und der Fantasie des Zufallsprinzips.

Damit dieses Konzept aufgeht, hat McCabe alle Lieder im 4/4 Takt und in der Tonart B komponiert. „Ich wollte einen Song schreiben, der etwa 30 Minuten lang ist, einfach als Herausforderung. Einerseits um zu sehen, ob ich es schaffe, andererseits um die traditionelle Vorstellung von Songs und Alben basierend auf alten Aufnahmeformaten zu hinterfragen, die im Zeitalter von Streaming nicht unbedingt Sinn machen“, sagt er.

Fast immer steht dabei auf Megabear das Klavier im Zentrum, dazu gesellt sich die brüchige Stimme von McCabe, manchmal angereichert um Harmoniegesang, ein paar Stücke bleiben auch instrumental. Ab und zu sorgen eine Orgel oder ein Synthesizer für mehr Tiefe, gelegentlich wird ein Schlagzeug eingesetzt, ganz selten erklingen ein paar Streicher oder dezente Gitarrenakkorde werden erkennbar.

In einzelnen Sequenzen kann die Musik von Me Rex wie ein verschüchterter Frank Turner klingen (Aion And Ficus) oder wie ein Demo von Arcade Fire (Reclaimed From The Water), in Momenten wie Heaven’s Gate meint man leicht ermüdete Killers zu erkennen oder man kann bei Pulled Apart glauben, Clap Your Hands Say Yeah hätten auf dem Weg zum Jahrmarkt ihre Gitarren verloren. Eigentlich sind solche Gedanken aber obsolet, denn die große Stärke des Albums ist sein einzigartiges Konzept: Obwohl alles im selben Format bleibt, stecken Millionen von Möglichkeiten in diesem Werk, obwohl alles sehr ähnlich klingt, wird Megabear ganz und gar einzigartig.

Das Video zu Galena illustriert die Idee mit den Spielkarten.

Website von Me Rex.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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