Auch am zweiten Tag beim Melt spielte das Wetter eine Hauptrolle. Statt der Frage „Wo gibt es Schatten und wie soll man diese Hitze ertragen?“ musste man diesmal aber eher bang gen Himmel blicken und sich wundern: „Wann fängt es an zu regnen und wie schlimm wird es dann?“
Natürlich erinnert beim Melt fast nichts an Woodstock, doch in Ferropolis fand sich ein deutlich wirkungsvolleres Gegenmittel, um mit kollektiver Kraft Niederschlag zu verhindern als dämliche „No Rain“-Sprechchöre: tanzen. Keine Frage: Der Samstag beim Melt war für Bewegung gemacht – und das galt nicht nur, weil nun keine schweißtreibenden Temperaturen mehr herrschten.
Besonders gut funktionierte das, weil die momentan angesagte Newcomer-Reihe keine Berührungsängste mit Mainstream und lupenreinem Pop kennt. Bei Hurts wurde das nicht nur in den Ansagen („so viele Mädchen!“) und schicken Anzügen deutlich, sondern auch im Sound. Obwohl die Engländer ihren Hit Wonderful Life gleich als erstes raushauten, hielten sie die Menge bei Laune. Feine Show.
Darwin Deez trieb die Tanzeslust allerdings auf die Spitze. Seine Show begann (nachdem sich der Drummer backstage nicht etwa mit Drogen, sondern mit Liegestützen aufgepeitscht hatte) mit einer grandiosen Breakdance-Einlage der gesamten Band. Danach gab es von New Yorker viel gute Laune und (dann doch wieder) jede Menge Schweiß beim Melt.
Friendly Fires standen dem in nichts nach. Von Beginn an lieferten sie eine begeisternde Performance ab und lieferten sich ein spannendes Rennen mit den eigenen Fans, wer nun mehr Körpereinsatz an den Tag legt. Am Ende lagen die Fans knapp vorne, was sicherlich auch für die Band als Gewinn gewertet werden konnte. In jedem Fall zeigten Friendly Fires, wie effektvoll man alleine mit Rhythmus (in allen Varianten von Disco bis Samba und mit allen Instrumenten von Kuhglocke bis Tamburin) für Extase sorgen kann. Und mit den Direkt aufeinander folgenden On Board und Paris hatten sie definitiv den größten Doppelhit des Festivals. Auf das neue Album, das sie im Interview für Anfang 2011 versprechen, darf man sich auf jeden Fall freuen.
Auch The Big Pink (die sich am Nachmittag übrigens Regen gewünscht hatten, weil sie im Zelt spielten und so auf regeren Besuch hofften) brachten beim Melt ein paar Füße in Bewegung, brauchten dazu aber eine ganze Weile. Zudem machten sie mir ein schlechtes Gewissen: Im Interview hatte ich ihnen noch versprochen, dass es voll wird bei ihrem Auftritt, weil ich bestimmt nicht der einzige war, der sich mächtig auf diese Band gefreut hat. Dann war es aber doch recht leer im Intro-Zelt – und es wurde am Anfang noch leerer.
So recht wollte der Funke einfach nicht überspringen, insbesondere bei einer sehr langen (und an Wiederholungen reichen) Version von Crystal Visions warfen viele Fans einen Blick ins Programmheft auf der Suche nach einer größeren Attraktion. Als Sänger Robbie Furze danach auch noch einen neuen Song ankündigte, musste man eine Katastrophen-Show erwarten. Doch gerade dieses Stück erwies sich als Wendepunkt. Danach kam ihr Sound, der in den energischsten Momenten an Primal Scream und in den langsamsten an die Doors erinnert, plötzlich an.
Am Schluss war Dominos dann ein Triumph (so sehr, dass Keyboarder Milo Cordell seinen dämlichen Mallorca-Touristen-Strohhut ins Publikum warf) und man ahnte plötzlich: Dieser Song könnte die Hymne des Festivals werden. „Unsere Shows sollen immer ein Erlebnis sein“, hatte Milo im Interview noch philosophiert – das war es auf jeden Fall.
Die Bassistin ist wohl im Nebenberuf ein Gummiball: Darwin Deez spielt The City beim Melt:
httpv://www.youtube.com/watch?v=_CI2YSIPovM
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