Künstler*in | Metronomy | |
EP | Posse EP Vol. 1 | |
Label | Because Music | |
Erscheinungsjahr | 2021 | |
Bewertung |
Man könnte meinen, Joe Mount sei ein Eigenbrötler. Zwar sind Metronomy ein Quintett, wenn sie live auf der Bühne stehen. Die Studioarbeit und das Songwriting übernimmt aber weitgehend der Frontmann alleine. Wenn bei einem Remix irgendwo „Metronomy“ draufsteht, wie es sie beispielsweise schon für Air, Kate Nash oder Franz Ferdinand gegeben hat, dann hat er den auch ohne irgendwelche Mitstreiter*innen gefertigt. Und auf den bisher sechs Alben der 1999 gegründeten englischen Band gibt es – völlig untypisch in der aktuellen Pop-Welt – nur einen einzigen Song, der mit einem „Featuring“ gekennzeichnet ist, nämlich Hang Me Out To Dry vom 2016er Album Summer 08, bei dem Robyn mitwirkt.
Mount wäre indes der erste, der darauf hinweist, wie falsch diese Vermutung ist. Auf vielen Platten von Metronomy wirken andere Acts mit, auch wenn sie nicht durch ein „Featuring“ zu erkennen sind. Dazu kommen die zahllosen Remixe und nicht zuletzt seine Arbeit als Produzent und Songwriter für Künstler*innen wie Roots Manuva oder Sophie Ellis-Bextor. Dass er begeistert mit anderen Kreativen zusammenarbeit, sich grundsätzlich gerne mit Menschen umgibt und am liebsten auch Teil einer Posse wäre, wie der Titel dieser heute erscheinenden EP andeutet, ist also verbürgt.
Vorbild für die Posse EP Vol. 1 sind Acts wie Handsome Boy Modelling School und Unkle, die immer wieder Gäste einladen, um ihnen sowohl die passenden Sounds auf den Leib zu schneidern als auch umgekehrt aus ihrem Input neue Inspiration zu ziehen. Joe Mount fand diesen Ansatz schon lange reizvoll, umgesetzt hat er ihn dann während der Corona-Zeit. Zwar erfolgten die Kollaborationen für die fünf hier enthaltenen Tracks in erster Linie auf digitalen Kanälen, trotzdem waren sie eine willkommene Möglichkeit, aus der erzwungenen Isolation der Pandemie auszubrechen. „Es klingt vielleicht seltsam, wenn ich sage, dass ich einige dieser Leute vorher noch gar nicht kannte. Aber eigentlich ist es eine tolle Art, Leuten zu begegnen und sie kennenzulernen: einen Song von jemandem zurückzubekommen, den man noch nie zuvor getroffen hat, aber der eine Verbindung zu dem aufgebaut hat, was man gemacht hat, und etwas Erstaunliches daraus macht“, sagt Joe Mount.
Half An Inch eröffnet die EP, die Raps steuert dabei Pinty aus Peckham. bei „Ein halber Zentimeter zu klein, um sechs Fuß groß zu sein… das fasst mein kurzes Leben zusammen. So nah und doch so fern von etwas zu sein – das kann jeder nachempfinden“, sagt er über den Track, der sehr subtil Spannung aufbaut und – passend zum Zitat von Pinty – viel Schwung entwickelt, ohne aber wirklich ausgelassen zu werden.
Mit der irischen Sängerin und Rapperin Biig Piig hat er auf 405 zusammengearbeitet, das mit vielen eleganten Eighties-Sounds, seiner melancholischen Atmosphäre und Zeilen wie „I was looking for love in the wrong direction“ etwa zu Kate Bush oder Cyndi Lauper gepasst hätte. „Joe hat mir das Klavierinstrumental geschickt und es war so schön und brachte so viele Erinnerungen zurück. Ich denke, wenn ein Musikstück so etwas auslöst, dann weiß man, dass es etwas Besonderes ist“, erzählt Biig Piig, die bürgerlich Jessica Smyth heißt und zuletzt 2020 die EP The Sky Is Bleeding veröffentlicht hat. „Meine Melodien und mein Text dazu kamen sehr leicht heraus und es fühlte sich einfach sehr nostalgisch an. Der Song handelt von einem Moment, in dem mir die Liebe bewusst wird, die ich verzweifelt an allen möglichen Orten gesucht habe, obwohl ich sie die ganze Zeit vor Augen hatte.“
Ein altmodisch klingender Bass sorgt in Uneasy für den dominierenden, sehr eleganten Groove, dazu gesellt sich der verführerische Gesang von Spill Tab, sodass man an eine Formel wie „Gnarls Barkley meets Portishead“ denken könnte. Das Londoner Indie-Quintett Sorry lässt Out Of Touch ähnlich schwermütig werden, der Track ist allerdings noch reduzierter, nebliger und zerbrechlicher. Der Song bietet ein paar gute Details und eine stimmige Atmosphäre, bleibt insgesamt aber der schwächste Moment der Posse EP Vol. 1, weil er dann doch ein bisschen zu ereignislos ist. Dafür gelingt mit Monday ein sehr überzeugender Abschluss. Hier haben sich Metronomy mit Brian Nasty und Folly Group zusammengetan. Ihr Gemeinschaftswerk wird unter anderem durch sehr viele ungewöhnliche Sounds extrem cool – und ist letztlich auch der Track, der am meisten nach Miteinander und Gemeinschaft klingt, also tatsächlich nach einer Posse.