Metz – „Automat“

Künstler Metz

Metz Automat Review Kritik
Zehn Jahre alt sind die ältesten Stücke auf „Automat“.
Album Automat
Label Sub Pop
Erscheinungsjahr 2019
Bewertung

„Vanity Searching“ lautet der Fachbegriff, wenn man nach sich selbst im Internet sucht. In Deutschland machen das laut einer Umfrage etwa drei Viertel aller Nutzer. Die Zahlen für Kanada dürften ähnlich aussehen. In jedem Fall schauen Alex Edkins, Hayden Menzies und Chris Slorach von Metz dort regelmäßig ins Netz, um zu schauen, was es so über ihre Band zu finden gibt. Und was sie unlängst sahen, war der Anstoß für diese Platte. „Auf die Idee zu Automat kamen wir, als wir entdeckt hatten, dass unsere frühen Singles für mehr als 60 Dollar pro Stück verkauft werden. Für alle, die diese Lieder gerne auf einem physischen Tonträger besitzen möchten, wollten wir sie wieder einfacher und günstiger verfügbar machen“, erklärt Alex Edkins. „Eigentlich hatten wir an ein paar 7″ gedacht, daraus ist dann ein ganzes Album geworden, mit Raritäten, Demos und alternativen Versionen, die im Laufe der Jahre entstanden sind.“

Das Trio aus Toronto hat auf dieser Compilation also diverse Non-Album-Singles, B-Seiten und weitere weniger bekannte Songs versammelt, und zwar in chronologischer Reihenfolge. Den Auftakt auf Automat machen demnach die ersten drei Singles, die sie 2009/10 über We Are Busy Bodies Records veröffentlicht haben. Soft Whiteout scheint zuerst es eine Form zu suchen, dann findet es sie und sie lautet: brachial. Natürlich wird diese Ästhetik aus einem Gesang voller Schmerz und Musik voller Kraft stilbildend bleiben für die weitere Karriere von Metz. Auf Lump Sums toben sie sich in Noise Rock aus, bis der Gesang für Struktur sorgt, die aber jederzeit vom Säure- und Schwefelgehalt des Sounds zerstört werden könnte. Das „Come on, come on, yeah“ in Dry Up ist eindeutig kein Aufruf zu Optimismus und Tatkraft, der das Leben bejaht. Vielmehr könnte es sich um die zynische Aufbegehren eines Mannes handeln, der gerade gefoltert wird und um noch mehr Prügel bittet.

Metz, die gerade am vierten Album arbeiten, haben alle Songs von Matthew Barnhart remastern lassen. Ripped On The Fence wirkt wie ein Panzer, der von Geisteskranken gesteuert wird, und zwar hinein ins Delirium, das sie am Ende erreichen. Auch in Negative Space klingen Metz wie Rasende, die sehr gefährlich sind, nicht zuletzt für sich selbst. In Automat sorgt ein Stimmeffekt für Abwechslung, Wet Blanket (hier ist die Demoversion der Single aus dem Jahr 2012 zu hören) deutet an, wie The Hives klingen könnten. würden sie ihre Coolness über Bord werfen und nur die pure Aggressivität beibehalten. Das folgende Dirty Shirt lässt an Nirvana denken, vor allem durch die Lust darauf, die Kraft der Monotonie mit sehr energischen Drums zu vereinen.

Leave Me Out bringt in Erinnerung, wie viel Spaß es machen kann, schlechte Laune zu haben. Can’t Understand zeigt, dass Musik auch Terror sein kann, eine Waffe und ein Ventil. In Pure Auto scheint sich das Schlagzeug zwischendurch aus dem Song davonschleichen zu wollen. Alex Edkins sieht die Band hier in einem besonders ironischen Modus: „Es gibt in Pure Auto viele Andeutungen und Referenzen, letztlich geht es aber um einen Kontroll-Freak, der gegen das Bestreben ankämpfen will, ständig alles im Griff zu haben. Es war eine B-Seite zu Eraser und wir haben es noch nie live gespielt, trotzdem gehört das Lied für alle in der Band unseren absoluten Favoriten. Wir haben es sehr schnell geschrieben und kurz nach den Sessions zu II auch schnell aufgenommen. Damals hatten wir einen Schub an Kreativität, Aufregung und Erleichterung, nachdem wir das sehr intensive und langwierige Album im Kasten hatten.“

Eraser selbst schließt die Sammlung ab, auch hier zeigen Metz, wie gerne sie ihre Musik zum Auskotzen nutzen und wie gekonnt dieser Sound ist, auch wenn er absichtlich primitiv klingt. Zur Sammlung von weniger bekannten Stücken schafft das Trio mit der Vinyl-Version von Automat übrigens gleich wieder neue Raritäten: Wer dieses Format kauft, erhält noch eine Bonus-Single dazu, die drei weitere Lieder enthält: Das Sparklehorse-Cover Pig, ursprünglich zum Record Store Day 2012 vorgelegt, I’m A Bug (im Original von The Urinals und von Metz bei YouTube veröffentlicht) sowie das bisher unveröffentlichte M.E. (die Vorlage stammt von Gary Numan). Die Preise dafür dürfen demnächst gerne gegoogelt werden.

Lust auf Ironie zeigt auch das Video zu Pure Auto.

Website von Metz.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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