Mid 90s

Film Mid 90s

Mid 90s Review Filmkritik
Stevie (Sunny Suljic, links) bewundert Ray (Na-kel Smith).
Produktionsland USA
Jahr 2018
Spielzeit 85 Minuten
Regie Jonah Hill
Hauptdarsteller*innen Sunny Suljic, Lucas Hedges, Katherine Waterston, Olan Prenatt, Na-kel Smith, Gio Galicia, Ryder McLaughlin, Alexa Demie
Bewertung

Worum geht’s?

Stevie ist 13 und hat nicht allzu viel Freude am Leben. Er bewundert seinen großen Bruder Ian, von dem er allerdings in der Regel bloß Prügel und Beleidigungen zurück bekommt. Auch die Beziehung zu seiner alleinerziehenden Mutter ist schwierig. Umso mehr freut es ihn, als er in einem Laden für Skateboard-Bedarf in seiner Nachbarschaft ein paar ältere Jungs kennen lernt, die ihn in ihre Obhut nehmen. Als Stevie sich von seinem Bruder ein nicht mehr benutztes Skateboard leiht und fleißig übt, wird er vollends in die Clique aufgenommen. Er bekommt den Spitznamen „Sunburn“, die anderen Skater zeigen ihm Tricks, erklären ihm die Regeln der Szene und nehmen ihn mit zu den Hotspots in Los Angeles, ebenso wie zu Partys und kleinen Wettbewerben. So lernt Stevie nicht nur das Skaten, sondern auch, cool zu sein. Durch seine neuen Freunde kommt er an Alkohol, Drogen und Mädchen – in den Augen seiner Mutter gerät er damit auf die schiefe Bahn. Doch auch innerhalb der Clique sorgt der Neuankömmling für Eifersucht, Konkurrenz und Spannungen. Zumal Stevie erkennen muss, dass er längst nicht der einzige unglückliche Teenager in L. A. ist.

Das sagt shitesite:

Mid 90s ist eine ziemlich klassische Coming Of Age-Geschichte und das gelungene Porträt einer Subkultur – vor allem aber eine Hommage an das im Titel des Films benannte Zeitalter. Jonah Hill, der als Schauspieler zunächst vor allem mit albernen Komödien erfolgreich war, lädt in seinem Debüt als Regisseur und Drehbuchautor mit perfekter Requisite und feinem Gespür dazu ein, in diese Ära einzutauchen. Bilder von Spielkonsolen, Sneakern, Basecaps, CDs und Band-T-Shirts (und nicht zuletzt von den Amateurclips der Tricks, die Fourth Grade als Mitglied der Clique mit einer Super-8-Handkamera selbst dreht und die perfekt die Ästhetik dieser Zeit einfangen) werden bei vielen eine wohlige Nostalgie auslösen, die in diesen Jahren selbst jung waren, und die Charaktere sind so authentisch und individuell, dass daraus tatsächlich der Wunsch erwachsen könnte, ein Teil dieses Freundeskreises zu werden.

Die größte Leistung des Films ist dabei: Auch für alle, die früher oder später geboren wurden, und auch für alle, die nichts mit Skateboards am Hut haben, ist Mid 90s sehenswert. Denn Stevies neues Hobby ist für ihn – und, wie sich herausstellt, auch für die meisten seiner neuen Freunde – längst nicht nur ein leidenschaftlich betriebener Sport, sondern vor allem eine Flucht, aus dem frustrierenden Zuhause, vor Gewalt oder der Erwartungshaltung der Eltern. Für manche ist das Skaten dabei eine Chance zum sozialen Aufstieg, für manche ist es Opposition, für manche bloß eine Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten zu treffen und sich unter ihnen verstanden, akzeptiert und geborgen zu fühlen. Das Publikum lernt hier einen schüchternen Jungen kennen, der keine Peer Group hat und keine Anerkennung findet, dann aber endlich ein paar Abenteuer erlebt, wie es jedem Teenager erlaubt sein sollte.

So wird dieses einfühlsame und originelle Debüt nicht nur ein stimmungsvoller Skater-Film, sondern vor allem eine Geschichte über Freundschaft und darüber, dass ein bisschen Zuspruch zu großen Träumen führen kann.

Bestes Zitat:

„Oft denken wir, dass unser eigenes Leben das schlimmste ist. Aber wenn du den Scheiß der anderen siehst, würdest du nicht tauschen wollen.“

Der Trailer zum Film.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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