William S. Burroughs – „Nova Express“

Autor*in William S. Burroughs

„Nova Express“ ist ein Kampf – für den Autor und den Leser.
Titel Nova Express
Verlag Zweitausendeins
Erscheinungsjahr 1964
Bewertung

Wladimir Klitschko würde jetzt wohl sagen: schwääährre Kost. Und in der Tat ist Nova Express ein Kampf, für den Leser wohl ebenso wie für den Autor. Burroughs treibt in dieser Science-Fiction-Geschichte seine Montage-Technik auf die Spitze. Er durchbricht hier Grenzen, sprachlich, stilistisch und moralisch.

Dem zu Grunde liegt die Erkenntnis, dass alles möglich ist, in Technik (immer wieder gibt es Anspielungen etwa auf die Hydraulik), Wissenschaft (Elemente aus kruden, teilweise halbwissenschaftlichen Studien zu Chemie und Biologie fließen hier ein), Politik (schmerzvolle Hinweise auf Gaskammern und die Atombombe durchziehen den Roman), Sexualität (es wird reichlich und schamlos ejakuliert, Burroughs hat ja schließlich einen Ruf zu verlieren) und Wahrnehmung (wobei dann auch allerlei zum Teil fast putzige Ansichten über Drogen zum Ausdruck kommen).

Nichts muss so sein, wie es scheint, lautet Burroughs‘ zentrale Botschaft, und seine visionären Cutup-Texte sind die beste Form, um dies zum Ausdruck zu bringen.

Das Problem ist nur: Die Message, die Burroughs rüberbringen will, hat man recht schnell erkannt. Und danach wird Nova Express mitunter zum Presslufthammer, der immer wieder mit der selben Härte, dem selben Lärm und der selben Unnachgiebigkit das selbe tut. Wie ermüdend das werden kann, zeigt ein typischer Absatz des Romans: „‚Dingpolizei hält alle Geschäftsberichte unter Verschluss‘ – Und wir dürfen den Katastrophenbericht nicht herausgeben – Eingeklemmte Geisterhand – Explosiver Bio-Vorstoß von Kundschaftern aus dem All, die einen Elektriker anheuern sollen – Im Benzinknall der Geschichte – Der letzte strahlende Held – ‚Unsere Spuren überlagern sich, Mr. Bradly Mr. Martin‘ – Kam an kein Fleisch heran, als er überwechselte – Und die Zeit ist abgelaufen für die kranken Spuren – Lange Zeit, von einer Sonne zur nächsten, hielt ich den alten Mantel – Trübes Bild zwischen Licht und Schatten – Murmelte in den Kanaken, von denen ich nicht mehr wusste, wann ich sie aufgetan hatte – Wir treffen uns überall in den kranken Galaxien – Gift der toten Sonne in deinem Hirn, das langsam dicht macht – Flüchtende Nachkommen von Affen im Benzinknall der Geschichte – Explosiver Bio-Vorstoß aus dem All ins Neon – ‚Geisterhand, eingeklemmt in der Tür, ich bin du‘ – Kam an Fleisch nie heran – Hielt den alten Mantel in die Sonne – Totenhand zerdehnt die Kehle – Überbringe als letzter den Katastrophenbericht auf deinen Spuren – Mr. Bradly Mr. -“

Diese Sprache ist kraftvoll, treffsicher und entwickelt im Verlauf des Romans eine nicht zu unterschätzende Magie. Dennoch bleibt das Buch unbefriedigend. Denn trotz seiner unverkennbaren Intelligenz und Fantasie findet Burroughs zwar die Wunde seiner Zeit. Doch er fragt nicht nach den Gründen danach oder sucht gar nach einem Heilmittel. Sondern er stochert bloß genüsslich (und virtuos) darin herum.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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