Moe, Steinstraße, Leipzig

Moe Leipzig Wohnzimmerkonzert
Moe (rechts) hat Joschka Brings als musikalische Verstärkung mitgebracht.

Die Idee des Wohnzimmerkonzerts ist nicht ganz neu. Die Toten Hosen haben im Rahmen dieses Konzepts beispielsweise ihr Anti-FC-Bayern-Lied im Partykeller eines Ex-FC-Bayern-Profis angestimmt. Gunter Gabriel hat auf diese Weise seinen Kontostand halbwegs aufgefüllt. Clueso ist einer von etlichen Künstlern, die ein Privatkonzert bei Fans zuhause im Rahmen eines Gewinnspiels anbieten.

Für Moe aus Bielefeld sind solche Konzerte eine besondere Angelegenheit. „Man weiß nie, was passiert“, sagt der Singer-Songwriter, der im vergangenen Jahr mit Sky Is New sein erstes Album veröffentlicht hat und heute die gemeinsame Geburtstagsfeier eines Pärchens in der Leipziger Südvorstadt für ein Konzert nutzt. Der Gastgeber hat ihn im Internet aufgespürt und per Mail kontaktiert. „In dieser Form, für eine private Party, passiert das nicht so oft. Aber beispielsweise für Hochzeiten kriege ich ziemlich regelmäßig solche Anfragen“, erzählt Moe. Das passt: Seine Musik ist ruhig, romantisch und gut geeignet für Engtanz, Kuscheln und Mitsummen.

Zum Konzert in Leipzig (statt im Wohnzimmer findet es in einem Hinterhof statt) hat er neben ein paar Gitarren, Banjo, Mandoline und Akkorden auch Joschka Brings als Verstärkung mitgebracht. Der 22-Jährige tritt auch solo auf, ist heute allerdings Begleitmusiker. Die Vorbilder, die sie im Interview und auch während ihres Auftritts erwähnen (Mumford & Sons, Mighty Oaks), hört man ihren Songs deutlich an. Das ist zumindest angesichts der ersten musikalischen Gehversuche von Moe erstaunlich. „Ich habe früher in einer Band gespielt, das ging in die Richtung Musikschulrock. Alle wollten zeigen, wie gut sie ihr Instrument beherrschen, und ich war davon wahrscheinlich auch noch der Schlechteste. Die Songs durften bloß nicht zu einfach sein“, erzählt er. Als er dann akustische Songs der benannten Bands entdeckte, reizte ihn gerade deren Ursprünglichkeit. „Ich habe gemerkt: Ich möchte Lieder machen, die so ähnlich sind wie das. Also mit Folk als Basis – eigentlich das komplette Gegenteil der Musik, die wir in der Band gespielt haben.“

Ein weiterer wichtiger Einfluss war dabei seine Schwester, die 17 Jahre älter ist und die musikalische Sozialisation des kleinen Bruders entscheidend prägte. „Ich bin eigentlich mit ihrer Musik groß geworden, mit Grunge, Punk und noch älteren Sachen wie Beatles und Stones und so“, sagt der 24-Jährige. „Als ich selber angefangen habe, Musik zu machen, hat sie mich auch sehr unterstützt und immer wieder motiviert“, sagt er. Als Referenz für neue Songideen sei die Schwester freilich nicht allzu hilfreich. „Weil sie eigentlich immer alles gut findet“, scherzt Moe.

Moe Bielefeld Leipzig Wohnzimmerkonzert
Kerzen statt Lightshow: Die familiäre Atmosphäre passt gut zur Musik von Moe.

Auch beim Publikum in Leipzig kommt sein Sound gut an. Bei Kerzenschein versammeln sich die Gäste rund um die beiden Musiker, ein Pavillon bietet die improvisierte Bühne und die familiäre Atmosphäre passt gut zur Musik, die in den ruhigsten Passagen, etwa You Get Along mit schickem Harmoniegesang, an William Fitzsimmons denken lässt, aber auch schwungvoller werden kann, wenn Moe mit dem Tamburin am Fuß einen Beat einbaut wie in Think About Pieces. Die Leipziger summen und kuscheln gerne mit und lassen sich auch problemlos zum Mitsingen bringen, am Ende ist der Hut mit einer ordentlichen Gage gefüllt.

„Das war heute ein sehr ruhiges Publikum, aber das meine ich positiv“, lautet das Fazit von Moe, der am Abend zuvor noch beim Doppeldate in Düsseldorf aufgetreten war, vor einer vergleichbaren Anzahl von Gästen und ebenfalls gemeinsam mit Joschka Brings. „Wenn man in einer Kneipe spielt, ist man oft bloß Hintergrundmusik, weil die meisten Leute nicht gezielt gekommen sind, um Livemusik zu erleben. Hier haben wirklich alle Lust auf unsere Lieder gehabt und zugehört“, sagt er. Und mit den Wunderkerzen vor der Bühne hatten er und Joschka sicher auch kein Problem. Schließlich stellten sie in einer Ansage fest: „Wir sind Singer-Songwriter. Wir müssen kitschig sein.“

Das Video zu One Of Those Days.

Website von Moe.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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