Künstler | Mokroïé | |
Album | Machines & Soul | |
Label | Self Released | |
Erscheinungsjahr | 2019 | |
Bewertung |
Ganz großes Konzept! Darunter macht es Francesco Virgilio offensichtlich nicht. Als er vor fünf Jahren die erste EP von Mokroïé veröffentlichte (damals noch zusammen mit Carol Aplogan, der das Projekt mittlerweile verlassen hat und vorrangig weiter als Fotograf und Videokünstler tätig ist), war sie als fiktiver Soundtrack zu einem Film erdacht, dessen Handlung vage an Die göttliche Komödie erinnert. Ein Jahr später nahm eine weitere EP das Verhältnis zwischen makroskopischer und mikroskopischer Welt in den Blick. Das 2017 veröffentlichte letzte Album hat den Titel Global – System – Error, was auch nicht gerade nach banalen Liebesliedern oder schlichten Alltagsgeschichten klingt.
Machines & Soul reiht sich da als Titel prächtig ein, musikalisch soll es diesmal bei Mokroïé mehr Elektronik und klarere Rhythmen geben. Francesco Virgilio nennt das ein „multidisciplinary electronic trip-hop project“. Übersetzt könnte man sagen: Er ist ein Mann, der zu viel vor dem Computer sitzt.
Das zeigt die Musik des Albums sehr gut. Guns Bless America setzt neben dem zynischen Titel auf einen HipHop-Beat und mehrere Stimmen, um Polizeigewalt zu thematisieren, fast wie in einem Hörspiel. Das instrumentale Mineral Landscape wirft die Frage auf: Seit wann ist es wieder angesagt (oder bloß opportun), sich an Vangelis zu orientieren? Put Your Hands In The Dirt verdeutlicht: Es wäre keine gute Idee, wenn Moby neuerdings Protestsongs machen würde. Glistening Like Obsidian klingt, als habe Marilyn Manson einen Crashkurs in Erkenntnistheorie belegt (und sich auf dem Weg dahin noch entmannen lassen).
Dass viel Zeit, die man an Tastatur, Maus und Monitor verbringt, im Zweifel dazu führen kann, dass man emotional unreif bleibt und ein wenig differenziertes Weltbild hat, macht Machines & Soul auch jenseits des Sounds deutlich. Im schlimmen With These Thoughts offenbart sich Francesco Virgilio als Leidensmann mit Liebeskummer im Stile von Depeche Modes Dave Gahan. We Can Make It Fit eröffnet die Platte mit einem Beat, der eher einschläfernd als anstachelnd ist, und einer Stimme, die anscheinend Weltweisheiten verkünden will. Der Inhalt erweist sich dann aber bloß als ein schlecht gereimter Text über Freunde, Schande, Hölle und Religion, ohne dass klar wird, was das „it“ sein soll, das am Ende jeder Zeile steht.
Nicht alles ist schlecht bei Mokroïé, bezeichnenderweise ist aber ein Instrumental der beste Track auf dieser Platte. Disoriented bleibt nicht nur frei von Peinlichkeiten, sondern entwickelt auch eine spannende Atmosphäre in der Nähe von New Order. Den Abschluss von Machines & Soul macht erneut Put Your Hands In The Dirt, diesmal im „Soft Minimal Vocal Mix“. Es hätte diese zweite Version nicht gebraucht, denn das Lied wäre auch ohne die Gospelstimme von Margaux Lampley, die nach Leid, Gebet und Erlösung klingt, deutlich überambitioniert – wie diese Platte insgesamt.