My Bloody Valentine – „You Made Me Realise“

Künstler*in My Bloody Valentine

My Bloody Valentine You Made Me Realise Review Kritik
„You Made Me Realise“ war ein Quantensprung für My Bloody Valentine.
EP You Made Me Realise
Label Creation Records
Erscheinungsjahr 1988
Bewertung

Am 8. August 1988 veröffentlichten My Bloody Valentine You Made Me Realise, ihre erste EP für Creation Records. Die 1983 in Dublin gegründete Band hatte zuvor schon zwei EPs herausgebracht, doch die fünf hier enthaltenen Songs zeigen einen bedeutenden Entwicklungsschritt. Es gibt mehr Druck, mehr Lärm und vor allem mehr Eigenständigkeit. Zum ersten Mal konnte man den Eindruck haben, dass Kevin Shields, Deb Googe, Bilinda Butcher und Colm Ó Cíosóig dazu in der Lage sein könnten, wirklich bedeutende Musik zu machen. Und das erkannten die Kritiker*innen damals auch.

Manche begründeten den Quantensprung mit der neuen Plattenfirma, andere mit amerikanischen Einflüssen wie den Pixies (mit denen My Bloody Valentine zuvor auf Tour waren), Sonic Youth oder Dinosaur Jr. Auch die wiederentdeckte Lust auf Kiffen, die sich bei Mastermind Kevin Shields während der Arbeit an You Made Me Realise ausbreitete, mag eine Rolle gespielt haben. Er selbst begründet den neuen Sound vor allem mit einem veränderten Verständnis des Einsatzes von Gitarreneffekten, vor allem von Reverb.

Mit hört das beispielsweise in einem Stück wie Thorn. Die Effekte, der Bass und das Schlagzeug verorten es in dem Genre, das wenig später „Shoegaze“ heißen sollte, aber die Melodie ist noch viel spektakulärer. Auch der Titeltrack You Made Me Realise hat einen tollen Basslauf, dazu so viel Tempo und Wucht, dass man fast von Punk sprechen könnte. Am Ende wird bereits die Lust auf Klangexperimente sehr deutlich, die dann auf dem Debütalbum Isn’t Anything ein Vierteljahr später für so spektakuläre Hörerlebnisse sorgen sollte.

Aus heutiger Sicht – gerade hat Domino die drei Alben von My Bloody Valentine remastered veröffentlicht, ebenso wie die Sammlung EPs 1988 – 1991 And Rare Tracks, die auch alle Songs von You Made Me Realise enthält – muss man sich noch einmal vergegenwärtigen, in welche Welt hinein das Quartett diese Lieder setzte. Als diese EP erschien, waren in den Top10 der Singles-Charts im UK unter anderem Kylie Minogue, Kim Wilde und Salt’N’Pepa zu finden, der Nummer-1-Hit der Woche war The Only Way Is Up von Yazz And The Plastic Population. Natürlich waren My Bloody Valentine damals meilenweit von Charts-Ambitionen oder gar kommerzieller Relevanz entfernt. Aber selbst innerhalb des Indie-Universums der späten 1980er Jahre machten sie hier klar, wie groß bei ihnen Wille und Fähigkeit waren, eine ganz eigene Ästhetik zu entwickeln.

So wird Slow sagenhaft schwer und träge, zugleich erotisch und heavy. Drive It All Over Me vereint Schönheit und Ambition und Cigarette In Your Bed klingt so, wie die Musik dieser Band von da an immer klingen sollte: Es ist eine Klangwalze voller Geheimnisse und Überraschungen.

Zu You Made Me Realise ist für den Re-Releae ein neues Video entstanden.

Website von My Bloody Valentine.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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