Künstler | My Sad Captains | |
Album | Best Of Times | |
Label | Bella Union | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Fight Less, Win More hieß der 2011 veröffentlichte Vorgänger für diese Platte. Es wäre ein Titel, der auch für Best Of Times gut passen würde. Denn Ed Wallis (Gesang, Gitarre), Nick Goss (Gitarre), Jim Wallis (Schlagzeug, Keyboards, Gesang) und Dan Davis (Bass) verstehen es auch hier meisterhaft, mit wenigen Mitteln große Erfolge zu erzielen und die Methode der Reduktion zu nutzen, um die Musik auf ihrem dritten Album noch intensiver klingen zu lassen.
Hardly There ist ein Beleg dafür: Der Song hat eine tolle Balance aus Einfachheit (Gitarrenfigur, Beat) und Originalität (Melodieführung, Arrangement). Das akustische All In Your Mind enthält nichts als Gitarre und Gesang – so könnte Musik klingen, die ausschließlich auf Kuscheldecken gespielt wird. Eine Klavierfigur sorgt in Wide Open zugleich für ein stabiles Fundament und beträchtliche Unruhe. Ausgangspunkt ist möglicherweise eine Situation gewesen, in der Sänger Ed Wallis von rücksichtslosen Menschen genervt war, im Ergebnis machen My Sad Captains daraus ein extrem hübsches Lied.
Dass der Titel von Best Of Times mit Bedacht gewählt und sehr treffend ist, darf man bei einer Band als selbstverständlich voraussetzen, die sich nach einem Gedicht von Thom Gunn aus dem Jahr 1961 benannt hat. In der Tat verweist nicht nur das mehr als 7-minütige In Time auf die Leitmotive dieses Albums: Es geht um unseren (relativen) Blick auf die Zeit, um Vergänglichkeit und Erinnerungen, um Flüchtiges und Ewiges. Zum Auftakt der Platte schält sich in Goodbye aus Synthiewolken erst ein Beat, dann eine Gitarre heraus. Der Sound bleibt entspannt, auch wenn es um einen bevorstehenden Abschied geht, der wohl auch durch die Erfahrung „life has always been a rodeo“ moderiert und etwas weniger schmerzhaft werden soll. Das Schlagzeug sorgt in All Times Into One für Bestimmtheit, die Gitarre scheint eher den Kopf in den Wolken zu haben, die Stimme ist noch gar nicht richtig wach, in Summe entwickelt das aber trotzdem einen erstaunlichen Sog.
My Sad Captains haben das Album selbst produziert, im Studio ihrer neuen Plattenfirma Bella Union in ihrer Heimatstadt London. Das war eine sehr bewusste Entscheidung. „Selbstbestimmung ist uns wichtig, vom Artwork bis hin zu den Aufnahmebedingungen“, sagt Ed Wallis, „wahrscheinlich sind wir wegen dieser Überzeugung eine Indie-Band im alten und wahren Sinn dieser Bezeichnung“. Passend zu diesem Mix aus Do It Yourself und maximaler kreativer Entfaltung ist auch die Idee, bildende Künstler um ihre Interpretationen der neun Songs auf Best Of Times zu bitten. Die Ergebnisse – Drucke, Ölgemälde oder Fotocollagen – liegen nun als Buch einer auf 1000 Exemplare limitierten Ausgabe der Vinyl-Version dieses Albums bei.
Man kann sich leicht ein Bild von Wolken vorstellen als Entsprechung von Familiar Ghosts, das mit trockenem Beat, sparsamem Klavier und einem zunächst kaum zu erkennenden Gesang eine sehr verträumte Atmosphäre erschafft. Das instrumentale Keeping On, Keeping On würde zu einem Stillleben mit altem Kinderspielzeug passen, Extra Curricular hingegen wirkt wie eine Flirt-Szene in Sepia-Farben – der Song ist tanzbar, wozu Schlagzeug und Bass zu gleichen Teilen betragen; auch der Refrain wendet sich hier mit einem besonders heiteren Lächeln dem Hörer zu, bevor am Ende extrem schicke Bläser dem Ganzen die Krone aufsetzen. Es ist das beste Lied des Albums, vielleicht entstammend der Best Of Times.