Film | New Kids Nitro | |
Produktionsland | Niederlande | |
Jahr | 2011 | |
Spielzeit | 74 Minuten | |
Regie | Flip van der Kuil, Steffen Haars | |
Hauptdarsteller | Wesley van Gaalen, Huub Smit, Steffen Haars, Tim Haars, Flip van der Kuil, Ruud Matthijssen, Juliette van Ardenne | |
Bewertung |
Worum geht’s?
Richard muss sich mächtig am Riemen reißen. Er und seine Kumpels geraten immer wieder mit der Polizei und vor allem mit einer Gang aus dem Nachbarort zusammen. Doch die Machtproben, Provokationen und Racheaktionen, mit denen er die Ehre seiner Jungs verteidigen will, müssen möglichst in aller Heimlichkeit ablaufen, denn Richard ist auf Bewährung. Er will nicht riskieren, wieder im Gefängnis zu landen, weil er sich um seine schwerkranke Mutter kümmern muss. Als die Mama auch noch ins Visier seines größten Rivalen gerät, sieht er nur einen Ausweg: Er schickt sie in einen Kurzurlaub nach Friesland, um sie in Sicherheit zu bringen. Was er nicht ahnt: Dort tobt gerade eine Zombie-Invasion, nachdem ein Komet eingeschlagen war, an dem erst Kühe geleckt hatten, deren Milch die Einwohner dann in Menschenfresser verwandelt hat. Das Verteidigungsministerium hat bisher keinen Weg gefunden, die Zombie-Plage einzudämmen. Jetzt sollen Richard und seine New Kids als Spezialkommando das Problem lösen. Ausgestattet mit modernsten Waffen werden sie nach Friesland geschickt – und sogar die verbitterten Feinde aus dem Nachbarschaft wollen ihnen dabei zur Seite stehen.
Das sagt shitesite:
New Kids Nitro, das wie der Vorgänger New Kids Turbo auf einer niederländischen Fernsehserie beruht, ist eine schonungslose Abrechnung mit toxischer Männlichkeit. Wie schnell pubertäre Hahnenkämpfe zu einem Blutbad eskalieren können, wie die sich gegenseitig immer weiter anstachelnden Männer von aggressiven Eurodance-Klängen, einer nur aus Frittiertem und Dosenbier bestehenden Ernährung und dem Benzin-Nebel hochgetunter Sportwagen aufgepeitscht werden, ist ein Sinnbild für politische Konflikte weltweit, in denen keiner der (stets männlichen) Mächtigen sich eine Blöße geben oder gar zurückstecken möchte. Gezielt legen Steffen Haars und Flip van der Kuil, die als Hauptdarsteller, Drehbuchautoren und Regisseure fungieren, den Finger in die Wunde bei ihrem Blick auf unseren Umgang mit den Schwächsten der Gesellschaft, wenn hier Witze über Behinderte, Schwule, unfähige Polizisten und minderbemittelte Politiker gemacht werden, bis es schließlich am Ende des Films einen schmerzhaften Verweis auf die Schrecken von Deportation und Holocaust gibt. Wenn die rivalisierenden Gangs sich auf einer Wiese kampfbereit gegenüber stehen wie einst die Krieger in Sparta, dann erkennt man die jahrtausendealte Plage des Ringens um vermeintliche Ehre, Territorien und nicht zuletzt den Zugriff auf die Körper von Frauen, die in der Weltgeschichte für so viel Leid gesorgt hat. Wenn die Sätze der bildungsfernen Protagonisten, für die im Film ironischerweise eigens eine hoch kreative und individuelle Sprache entwickelt wurde, sehr häufig mit dem Wort „Junge“ enden, ist das ein herrlich entlarvender Seitenhieb auf die erschreckende Simplizität der aktuellen Jugendsprache, in der Sätze gerne mit dem genau gegenteiligen Begriff beendet werden: „Alter.“
All das ist natürlich Bullshit. New Kids Nitro ist, wie der erste Kinofilm dieser Reihe, ein sehr derber Spaß für Freunde eines Humors, der auf gar nichts Rücksicht nimmt. Nicht auf guten Geschmack, nicht auf Feingefühl, nicht auf Gesetze, nicht auf politische Korrektheit, auch nicht auf Logik im Plot. Stattdessen gibt es sehr gut funktionierende Running Gags, ein bisschen A-Team, ein bisschen Manta – Der Film, ein bisschen Shaun Of The Dead und ein Ausmaß an Blechschäden, das mit Blues Brothers konkurrieren kann. Wer Filme wie Ey Mann, wo ist mein Auto? für platt hält, wird hier sein Trash-Wunder erleben und ein ganz neues Level von unterhaltsamer Debilität entdecken können. Die Stärke des Film ist auch diesmal gerade wieder, dass er Dummheit und Faulheit feiert (das Lebensziel der New Kids heißt so wie der Titelsong: Huren bumsen, nie mehr schuften), ohne seinen Protagonisten dabei den Respekt zu verwehren. New Kids Nitro mag diese Idioten gerade deshalb, weil sie das ausleben, was in uns allen steckt, aber von Manieren, Erziehung und Rücksicht überdeckt wird, und die Fans diese Reihe mögen Richard, Rikkert, Robbie & Co. natürlich auch aus genau diesem Grund.
Mit einer kleinen Rahmenhandlung und einem tollem Gag zum Einstieg schaffen es die Macher mit Leichtigkeit, das Problem der Notwendigkeit oder Glaubwürdigkeit einer Fortsetzung zu pulverisieren. Ziemlich überraschend ist auch, wie der Film die Kurve von Assi-Streichern à la Flodder zu einem ziemlich waschechten Splatter-Spektakel bekommt. nicht zuletzt kann man in New Kids Nitro auch tatsächlich einen kleinen Kern an Wahrhaftigkeit erkennen. Wer auf dem Dorf aufgewachsen ist, wird all die Sticheleien im Freibad, auf dem Sportplatz, in der Disco oder am Imbiss bestens kennen, und natürlich sind sie ein Symbol für die den Trick, der noch heute so gerne genutzt wird, um Identität zu stiften, egal ob im Konflikt mit dem Nachbardorf (Maaskantje vs. Schijndel) oder einer anderen Region des Landes (Brabant vs. Friesland): Zusammenhalt lässt sich sehr leicht erreichen, wenn man den Hass auf die Anderen zu wecken vermag.
Bestes Zitat:
„Heute Abend flippen wir ein bisschen rum und morgen sehen wir weiter.“