Night On Earth

Film Night On Earth

Night On Earth Film Kritik Rezension
Helmut (Armin Müller-Stahl) hat seinen ersten Fahrgast als Taxifahrer in New York.
Produktionsland USA
Jahr 1991
Spielzeit 123 Minuten
Regie Jim Jarmusch
Hauptdarsteller Winona Ryder, Gena Rowlands, Armin Müller-Stahl, Giancarlo Esposito, Rosie Perez, Isaach De Bankolé, Béatrice Dalle, Roberto Benigni, Matti Pellonpää
Bewertung

Worum geht’s?

Eine Nacht, vier Länder, fünf Taxifahrten: Der Episodenfilm begleitet Taxifahrer in Los Angeles, New York, Paris, Rom und Helsinki bei ihren Touren durch die Nacht. Das Geschehen beginnt immer zur selben Ortszeit in der jeweiligen Zeitzone und lässt unterschiedliche Charaktere aufeinander treffen. In Los Angeles wird eine Schauspielagentin, die noch eine Rolle für demnächst anstehende Dreharbeiten zu besetzen hat, vom Flughafen abgeholt. Sie will kurzerhand die Taxifahrerin Corky verpflichten, die hat aber keinerlei Interesse an einer Filmkarriere. Der aus der DDR stammende Helmut Grokenberger hat in New York seinen ersten Arbeitstag als Taxifahrer. Wie sein Fahrgast Yoyo erfahren muss, kennt Helmut weder die Straßen der Stadt noch ist er mit dem Automatikgetriebe seines Yellow Cab vertraut. Kurzerhand tauschen sie die Sitze, Yoyo fährt im Taxi selbst nach Brooklyn und sammelt unterwegs noch seine Schwägerin ein. In Paris verblüfft eine blinde Frau den Taxifahrer, weil sie nicht nur die Strecke erkennt, sondern auch die Hautfarbe ihres Chauffeurs, der von der Elfenbeinküste stammt. Ein hyperaktiver Taxifahrer wird in Rom für einen herzkranken Priester zum Verhängnis: Seine Fahrweise lässt den Adrenalin-Pegel des Geistlichen ebenso steigen wie die Beichte, die der Fahrer unbedingt ablegen möchte, wenn er schon einmal einen Mann Gottes an Bord hat. In Helsinki steigen drei sturzbetrunkene Männer ins Taxi von Mika und berichten ihm, was für einen hundsmiserablen Tag sie hinter sich haben – bis sie erfahren, dass ihr Fahrer ein viel größeres Unglück ertragen musste.

Das sagt shitesite:

So unterschiedlich die Biografien und Temperamente in Night On Earth sind, bei den Passagieren ebenso wie bei den Piloten, schafft es Regisseur Jim Jarmusch doch sehr gekonnt, das Besondere an der Situation „nächtliche Taxifahrt“ aufzuzeigen. So wie im Vorspann und zwischen den einzelnen Episoden ein Flug über den Globus in die jeweilige Stadt zu sehen ist, so wird hier als uinverselle Verbindung klar: Die Mischung aus Einmaligkeit und Flüchtigkeit einer solchen Begegnung, aus Intimität und Anonymität der Situation, schafft ganz spezielle Momente. Man nervt sich, liefert sich aus, provoziert sich, misstraut sich. Man wird, durch die Enge des Raumes und die klare Zielvorgabe für die Zeit des Zusammenseins, in eine Beziehung gezwungen, selbst dann, wenn man sich nur anschweigt.

Nirgends sind Fahrgäste und Taxifahrer auf Augenhöhe, aber in keiner der Episoden bleibt es bei einer reinen Dienstleister-Kunden-Beziehung. Die Nacht scheint auf beiden Seiten das Bedürfnis zu steigern, sich zu offenbaren, ebenso wie die Fähigkeit, Mitgefühl zu entwickeln. Dass sie alle zu so später Stunde nicht zuhause sind (im Wortsinne: nicht bei sich), macht die Menschen verletztlich und aufgewühlt. Night On Earth nutzt diese Ausgangssituation, um mit viel Charme und grandiosem Gespür für Situationskomik nicht nur Anekdoten und Tragödien zu erzählen, sondern auch etwas vom Flair und Lebensgefühl der Städte einzufangen, in denen die einzelnen Szenen spielen.

Am besten ist dabei die Episode aus New York, nicht nur wegen des Kontrasts zwischen dem herzzerreißend naiven Helmut und dem vermeintlichen abgezockten, aber ebenso verletztlichen Yoyo, sondern auch, weil darin deutlich wird, was wohl der Kern dieses Films ist. Helmut lernt auf dieser Fahrt nach Brooklyn nicht nur, wie man sein Taxi bedienen sollte, sondern auch, wie diese Stadt tickt. Er lernt die Konzepte von Coolness und von Freiheit. Er erkennt: Eine einzige Taxifahrt kann dein Leben verändern – und wer diesen Film gesehen hat, wird künftig nie mehr ohne diesen prickelnden Gedanken in ein Taxi steigen können.

Bestes Zitat:

„Guys, eh? Can’t live with ‚em, can’t shoot ‚em.“

Der Trailer zum Film.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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