Künstler | Oliver Spalding | |
Album | Novemberism | |
Label | Monotreme Records | |
Erscheinungsjahr | 2019 | |
Bewertung |
Wann genau Oliver Spalding aus Brighton die Arbeiten zu seinem ersten Album abgeschlossen hat, ist nicht bekannt. Es ist aber wahrscheinlich, dass der 23-Jährige nach den Sessions mit Produzent Ed Tullett (Novo Amor) noch eine Weile gewartet hat, um das Veröffentlichungsdatum dem Albumtitel anzupassen: Novemberism. Mit diesem Begriff meint der Engländer das Gefühl, „das ganze Jahr lang unter der eigenen Melancholie zu leiden“, wie er sagt.
Wer jetzt elf Lieder voller Selbstmitleid und Sensibilität erwartet, liegt nicht ganz falsch. Emissive klingt wie Musik aus den Wolken, Golden wird noch etwas sanfter, Unreal wirkt flächig, die Ballade A Stop ist eindringlich und intim wie die Songs von Kele. „Das Album konzentriert sich auf eine bestimmte Phase in meinem Leben und die Dinge, die damals um mich herum passierten. Der Schlüssel ist die Ehrlichkeit in meinem Songwriting. Mein Ziel war es, roh und emotional zu sein. Gefühle sind beunruhigend und niemand möchte sich wirklich mit ihnen auseinandersetzen. So sollte das Album klingen: etwas, das ungemütlich ist, aber auf wunderschöne Weise auch entlarvend“, sagt Oliver Spalding.
Es gibt viele Einflüsse aus den Achtzigern („Ich bin ein riesiger Fan von Roxy Music. Ich habe mich auch vom Synthesizersound auf den Eighties-Platten von Bruce Springsteen inspirieren lassen“, verrrät Oliver Spalding), manchmal kann man auch RnB-Elemente oder Soul-Anleihen erkennen, trotzdem sind die einzelnen Lieder auf Novemberism voneinander kaum zu unterscheiden. Zum sehr runden Gesamteindruck trägt auch die Stimme des Sängers bei, die praktisch durchweg dominiert. Die Synthies sind besonders prominent in Everglades, begleitet von zerbrechlichem Gesang und einem Saxofon-Solo. Auch der Album-Auftakt Athamé setzt auf ein Saxofon, zudem auf einen reizvollen Stimmeffekt. Das Lied scheint auf der Stelle zu stehen, auch dann noch, als das Schlagzeug mächtig loslegt.
A.I.B.M. erweist sich als Kakophonie, Her Crescent hat zunächst keinen Beat, aber viele interessante Sounddetails. Solche Eigenwilligkeiten sind passend zum künstlerischen Credo, das man hier finden kann. „Die Welt sehnt sich nach Menschen, die endlich aufhören, ehrgeizig und angepasst zu sein, und stattdessen das machen, was sich für sie natürlich anfühlt. Einfach aus dem Tiefsten deiner Seele heraus zu singen, kann dich aus all der Routine herausreißen. Am Beginn deiner Reise solltest du erkennen, wer du bist – nicht, wer du gerne sein würdest“, mahnt der Mann aus Brighton. Wie schon auf seiner 2017er EP Unfurl schafft er es damit auch, die oft schwermütige Atmosphäre mit ausreichend Lichtblicken und Dynamik zu versehen. Bow Creek überrascht mit einem recht kraftvollem Bass, trotzdem wird der Song in erster Linie sehr putzig und schön. Xanax ist sanft, aber zwischendurch sehr dramatisch. Der Titelsong Novemberism unterstreicht: Die düstere Jahreszeit à la Oliver Spalding wirkt nicht trist und trüb, sondern glamourös und reizvoll.