Künstler*in | Owen | |
Album | The Avalanche Remixes | |
Label | Polyvinyl | |
Erscheinungsjahr | 2021 | |
Bewertung |
38 Veröffentlichungen listet die Wikipedia-Diskografie von Mike Kinsella alleine seit dem Jahr 2000 auf. Der Mann, der hinter Owen steckt, musiziert mit seinem Bruder ebenso wie mit seiner Ehefrau, als Mitglied von American Football und Their/They’re/There oder eben in diesem Soloprojekt. Man sollte bei diesem Output also davon ausgehen können, dass der Musiker aus Chicago froh ist, wenn ein Album im Kasten und abgeschlossen ist – einfach, weil er so viele neue Ideen hat und sich dann mit voller Energie und Konzentration der nächsten Platte widmen kann.
Im Fall des im vergangenen Sommer veröffentlichten Albums The Avalanche scheinen ihn seine eigenen Lieder aber nicht losgelassen zu haben. Er wird diese Stücke am 7. Juli in einem exklusiven Livestream spielen – sie werden dann zum ersten Mal überhaupt performt und sollen dabei zudem von Streichern begleitet werden. Und er hat sie von ausgewählten Künstler*innen neu bearbeiten lassen. „Ich fühle mich so geehrt, dass so viele wirklich einzigartige und kreative Leute ihre Zeit und Gedanken damit verbrachten haben, diese Songs, die ich so lange als meine eigenen angesehen habe, zu dekonstruieren, um sie dann wieder zu rekonstruieren. Ich staune über die verschiedenen Produktionstechniken, die winzigen Details, auf die sich jede*r anders konzentriert hat, und insgesamt darüber, wie viel Persönlichkeit in jedem der Remixe durscheint“, sagt Kinsella über The Avalanche Remixes.
Dass er die Platte als „eine Sammlung von kohärentem Chaos“ bezeichnet, kann man schnell nachvollziehen. A New Muse (Atiba Remix) eröffnet das Album geheimnisvoll und sphärisch, es wird zudem hoch romantisch, ohne dass man konkret benennen könnte, woher dieser Eindruck entsteht. Norman Brannon von Texas Is The Reason hat einen Slowcode Remix zu Dead For Days beigesteuert, der anfangs noch fragil und zärtlich ist, um dann auf sehr organische Weise den Weg zu einem ziemlich lebendigen Beat zu finden. Thao Nguyen’s Neubearbeitung von The Contours erzeugt viel Spannung auch aus dem, was dabei weggelassen wird.
Hinter dem Good Fuck Remix von Headphoned steckt Tim Kinsella, und der scheint ein ziemlich großer Fan von Hot Chip zu sein. I Go, Ego wirkt im Now, Now Remix, als hätte jemand Depeche Mode plötzlich Kreativität eingehaucht. Sander van Dijck stellt die eindrucksvollen Streicher in den Mittelpunkt seiner Version von I Should’ve Known.
Nicht alles an der Idee, Emo-Vorlagen in Elektro-Tracks zu verwandeln, ist so reizvoll. On With The Show hat als Hrishikesh Hirway Remix eine schöne Atmosphäre, plätschert aber auch ein bisschen belanglos dahin. Wanting And Willing klingt in der Neubearbeitung von NNAMDÏ wie Musik von einem Jahrmarkt, bei dem man allerdings schon im Vorbeigehen ahnt, dass man sich dort nicht ohne Gefahr für die geistige und körperliche Unversehrtheit herumtreiben sollte. Vielleicht am besten kommt die Idee, den Sound von Owen einmal durch den akustischen Fleischwolf zu drehen, in Mom And Dead (Jay Som Remix) rüber: Bei allem, was hier verändert wurde, bleibt Schwermut das prägende Gefühl.