Film | Paula – Mein Leben soll ein Fest sein | |
Produktionsland | Deutschland, Frankreich | |
Jahr | 2016 | |
Spielzeit | 123 Minuten | |
Regie | Christian Schwochow | |
Hauptdarsteller*innen | Carla Juri, Albrecht Abraham Schuch, Roxane Duran, Joel Basman | |
Bewertung |
Worum geht’s?
Schon als Beamtentochter in Bremen hat sich Paula leidenschaftlich für Malerei interessiert und den Entschluss gefasst: Sie will nicht das bürgerliche Leben führen, das ihr Vater für sie im Sinn hat, sondern Künstlerin werden. Im Sommer des Jahres 1900 geht sie deshalb nach Worpswede, um sich dort unterrichten zu lassen und ihr Talent weiterzuentwickeln. Die 24-Jährige eckt in der Künstler*innenkolonie aber mit ihrem Stil immer wieder an. Sie will anders malen, andere Motive, vor allem aber nach Gefühl statt nach Lehrbuch. Eine Freundin, die sie darin bestärkt, findet sie in der Bildhauerin Clara, zudem einen Verehrer – als Künstlerin und als Frau – im frisch verwitweten Otto, den sie schließlich heiratet. Die Ehe ist allerdings gekennzeichnet von Geldsorgen, dem Kampf um Anerkennung in der Szene, die sich in Worpswede tummelt, und Paulas unerfülltem Wunsch nach einem eigenen Kind mit Otto. Als sich auch nach fünf Jahren für sie keine Lösung abzeichnet, geht Paula nach Paris zu Clara, die sich dort mittlerweile etabliert hat. In der französischen Hauptstadt findet sie neue Inspiration und neue Lebensfreude. Doch Otto will seine Frau noch nicht aufgeben.
Das sagt shitesite:
Paula Modersohn-Becker ist heute anerkannt als eine bedeutendsten Vertreter*innen der expressionistischen Kunst und die erste Frau weltweit, der ein eigenes Museum gewidmet ist. Der Film, der den Schluss ihrer sehr kurzen Lebensgeschichte nachzeichnet, konzentriert sich dabei auf zwei Themenkomplexe: Genie und Gender.
Ersteres gelingt nur leidlich. Carla Juri gelingt zwar eine großartige Darstellung dieser eigenwilligen Künstlerin, die sie kraftvoll, modern und mutig erscheinen lässt. Es wird auch deutlich, wie die junge Frau den gelegentlichen Rausch und geeignete Vorbilder sucht, wobei beides für sie sowohl Kampf als auch Inspiration wird. Insbesondere in der zweiten Hälfte des Films rückt die künstlerische Vision von Paula Modersohn-Becker aber zu stark in den Hintergrund. Es gibt viel Schweigen, viel Affekt und wenig dazwischen.
Interessanter und tiefgründiger wird die Gender-Komponente von Paula – Mein Leben soll ein Fest sein. Regisseur Christian Schwochow zeigt seine Hauptfigur mädchenhaft, kichernd und albern in den ausgelassenen Stunden in Worpswede, später wird die Mutterschaft zum zentralen Motiv, als Paula sich um Ottos Tochter aus erster Ehe kümmert, mit ihm jedoch kein leibliches Kind bekommt, weil er den Sex mit ihr verweigert. Vor allem aber wird die Schwierigkeit in den Mittelpunkt gestellt, zugleich Frau und Kreative zu sein. Paula sucht einen Lebensentwurf, den es damals für Frauen noch gar nicht gab, und sie sucht ihn mit einer Ungeduld, die nirgends verstanden wird, aber auch ihren Mut anspornt.
Die Gegenüberstellung von deutsche Strenge im Kontrast zu französischer Leichtigkeit, von Pickelhaube hier und Absinth-Genuss da, von Präzision und Bohème bildet dafür den Hintergrund, ist manchmal aber etwas arg holzschnittartig. Ein Schwachpunkt ist auch, dass etliche Figuren (vor allem die Männer) zwar historisch namhaft sind, aber in ihrer Verkörperung hier blass bleiben. Das größte Defizit von Paula sind die Abweichungen vom tatsächlichen Lebenslauf. Die Frreiheiten, die sich dieses Biopic dabei nimmt, lassen die Titelfigur ausgerechnet so aussehen, dass ihre emanzipatorische Leistung hier geringer erscheint als sie tatsächlich war.
Bestes Zitat:
„Ich kann es nicht erwarten, bis ich was kann. Etwas erschaffen, was man selbst ist.“
Der Trailer zum Film.