Künstler | Pickers | |
Album | Modern | |
Label | Warner | |
Erscheinungsjahr | 2012 | |
Bewertung |
Man kann das verwirrend finden. Lutz Rodenbüsch, der Sänger der Pickers, wurde in Würzburg geboren. Mit seinen Mitstreitern Alexander Moore, Robert Ring und Joshua Bright war er zu Schülerband-Zeiten häufig im Saarland unterwegs. 2010 zog das Quartett nach Berlin, beim Bundesvision Song Contest im Jahr 2012 – dem Jahr, aus dem auch dieses Debütalbum stammt – vertraten die Pickers allerdings Rheinland-Pfalz, und erreichten Platz 11 mit dem Song 1000 Meilen.
Dieses geografische Durcheinander passt gut zum Problem, das auf Modern deutlich wird. Die Pickers haben ganz klare ästhetische Vorbilder, aber trotzdem keine künstlerische Identität gefunden. Ursprünglich hießen sie Teddy Pickers (haben sich also nach einem Song der Arctic Monkeys benannt), auch die Strokes kann man in den zehn hier vertretenen Songs immer wieder heraushören. Es erscheint auch schlüssig, dass diese Band als Tour-Support für The Subways unterwegs und auch im Vorprogramm von Young Rebel Set oder Kakkmaddafakka zu sehen war.
Manchmal reicht Modern auch an diese Referenzen heran. Nothing Cheers Me Up eröffnet das Album mit ordentlich Feuer, großer Indie-Rock-Kompetenz und auch ein bisschen Originalität. Das akustisch geprägte Bright Eyes wird recht hübsch, auch Kristina ist okay und räumt spätestens mit dem Mundharmonika-Part letzte Zweifel daran aus, dass man es hier mit bekennenden Traditionalisten zu tun hat. How verbreitet ein angenehmes Flair, das Country-angehaucht ist, Control platziert sich als mit Abstand bester Song des Albums sehr überzeugend zwischen den Strokes und den Kilians, mit denen sich die Band hier auch Produzent Thomas von Pescatore teilt.
Die beiden letztgenannten Stücke waren schon auf der Debüt-EP 2011 vertreten, die Pickers einiges Airplay, auch Fernsehauftritte und die erwähnten Live-Möglichkeiten eingebracht hat. Anders als damals wird auf Modern aber auch auf Deutsch gesungen (Sänger Lutz Rodenbüsch ist seit dem Ende der Pickers als Lutz Rode unterwegs, ebenfalls mit deutschsprachigen Texten, etwa im Vorprogramm von Mark Forster). Das vergrößert den Verdacht beträchtlich, man habe hier eine Band vor sich, die nicht weiß, was sie will. Der Text im Titelsong klingt nicht nur seltsam, weil er auf Deutsch ist, sondern weil er mit seiner Aussage (Zweifel, Sinnkrise) auch kein bisschen zum kraftvollen Sound eines Mando-Diao-Krachers passt, in Summe wirkt das schlicht verkrampft. Die Schlagermelodie im Refrain der bereits erwähnten Single 1000 Meilen klingt wie eine Beleidigung für den Rest des Lieds, auch sonst gibt es in diesem Track viele Elemente, die nicht komplett daneben sind, aber nicht zusammen passen.
Es gebe bei Pickers hier erstmals deutsche Lieder, „weil es so aus mir rauskam“, sagt Frontmann Lutz Rodenbüsch. „Wir könnten auch auf Spanisch oder Französisch singen“, ergänzt Gitarrist Alexander Moore, wohl auch um den Verdacht von Kalkül oder Anbiederung zu entkräften. Seine Aussage stimmt zumindest insofern, als die Texte offensichtlich insgesamt nicht ihre Stärke sind, aber die englischen gelingen dabei in Summe zumindest noch besser als die deutschen. So plump und chauvinistisch wie in Lass mich rein („Wenn es juckt, dann lass mich dein Finger sein“) wurde Begehren kaum jemals ausgedrückt, auch die dezenten Verweise auf eine Fünfziger-Jahre-Rockabilly-Ästhetik sind da keine Entschuldigung. Ähnliches ist in Du gehörst mir zu beobachten: Entweder ist das wieder eine sehr gestrige Vorstellung von Frauen und Beziehungen („Du bist mein!“) oder der Sänger schlüpft hier in die Rolle eines Psychopathen, aus dessen Perspektive er erzählt. Was Zitat ist und was Schauspiel, was Referenz ist und was Authentizität, sollte eine Band aber deutlich machen können, und zwar mit ihren künstlerischen Mitteln. Das klappt hier nirgends, und so bleibt Modern eine sehr halbgare Angelegenheit.