Tatsächlich zehn Leute (das sind immerhin so viele wie zwei komplette Basketballteams) haben es geschafft, sich auf der recht winzigen Bühne der Moritzbastei zu versammeln. Der Gitarrist rechts sieht aus wie André 3000. Der Gitarrist links sieht aus wie der Idiot aus Trainspotting. Und in der Mitte gibt Plan B den großen Showmaster.
Dass er genau zwischen minderbemitteltem Hooligan und schwarzem Glamourstar seinen Platz gefunden hat, ist durchaus sinnbildlich. Denn Plan B war früher so etwas wie Gangsta-Rap. Wo sich Mike Skinner nur „The Streets“ nannte, dann aber zuletzt doch zunehmend über die Reichen und Schönen rappte, thematisierte Plan B tatsächlich das Geschehen auf der Straße, samt Messerstechereien und ungewollten Schwangerschaften.
Doch diese Zeiten sind lange vorbei. Der Mann, der eigentlich Ben Drew heißt, hat sich auf seinem zweiten Album The Defamation Of Strickland Banks neu erfunden. Statt fiesem Sprechgesang gibt es modernen Soul, wie ihn Mark Ronson im UK hoffähig gemacht und spätestens Amy Winehouse auch nach Deutschland gebracht hat (der Ben Drew zumindest mit einem Bier vor und einem Bier nach der Show nacheifert).
Früher posierte Plan B blutverschmiert, heute hat er Radiohits. Wer darin Ausverkauf wittert, liegt vielleicht nicht ganz falsch (dass die heutige Gratis-Show in Leipzig von MySpace und einer Modekette finanziert wird, beweist, dass sich Plan B voll und ganz dem Mainstream hingegeben hat). Wer aber einen verwerflichen Verlust künstlerischer Identität anklagen mag, sollte sich ganz fest auf die Zunge beißen und dann noch einmal versuchen, Primal Scream, Radiohead oder David Bowie zu sagen.
Sich plötzlich ganz anders zu inszenieren, ist nicht nur legitim, sondern sogar reizvoll. Vor allem, wenn es so gut funktioniert wie bei Plan B. An die HipHop-Zeiten erinnert nur noch der schwarze Hoodie, den er vor der Show trägt. Auf der Bühne schlüpft Plan B in einen dunklen Anzug. Damit sieht er zwar zunächst aus wie Benjamin von Stuckrad-Barre beim Karaoke-Wettbewerb. Doch schnell bringt Plan B genug Schwung und Eifer in die Show, dass er nicht mehr wie verkleidet wirkt.
Plan B wandelt auch in Leipzig auf den Spuren aller weißen Soulboys. Seine hoher Gesang klingt manchmal wie Mick Hucknall von Simply Red, manchmal wie Jimmy Sommerville. Nur bei den Ansagen erinnert die heisere Stimme an den echten, verdorbenen, schwarzen Soul: Dann meint man fast, James Brown würde auf der Bühne stehen. Doch in punkto Einsatz und Inbrunst steht Plan B den Originalen in nichts nach (auch nicht in punkto Ästhetik: sogar die Instrumente sind hier komplett schwarz-weiß). Schon als dritten Song gibt es den Hit She Said, dazu ein Paolo-Nutini-Cover und keinen einzigen Song aus den düsteren HipHop-Zeiten.
Nach einer knappen halben Stunde ist dann schon Schluss – Drew verlässt die Bühne so abrupt, dass selbst seine eigene Band überrascht wirkt. Doch er kommt mit einem Kracher zurück. Make Me Your Religion, erst nach den Aufnahmen für The Defamation Of Strickland Banks geschrieben, ist der beste Song des Abends und leitet einen sehr gelungenen Zugaben-Teil ein. Plan B beweist hier, dass er am stärksten ist, wenn er das mitreißende Rhythmus-Fundament des Soul mit seiner urbanen, durchaus typisch englischen Aggressivität paart – die sich ebenso in intensivem Gesang äußern kann wie auch in gelegentlichen Raps.
Beim Rausschmeißer tanzt Plan B mit der eigenen Band Pogo und unterstreicht auch da, dass er kein Verräter ist, der bloß auf den nächstbesten Trend aufgesprungen ist. Sondern ein Mann, der tatsächlich einfach seine musikalischen Vorlieben auslebt.
Plan B spielt She Said live in der Moritzbastei Leipzig:
httpv://www.youtube.com/watch?v=lLjqjfpkOSE
Da war sie also, die “Wiedergeburt des Northern Soul, die männliche Entsprechung zu Amy Winehouse, der vom Räpper-Saulus zum Schmuse-Saulus gewandelte Plan B. 45 Minuten dauerte sein Livegastspiel, präsentiert von einer Modemarke und einem Onlinemusikportal. http://www.basteiblog.de/?p=1808
Danke für´s Filmen ;-), schöner Konzertbericht! Gruß aus der MB, Torsten