Power Plush – „Vomiting Emotions“

Künstler*in Power Plush

Power Plush Vomiting Emotions Review Kritik
Power Plush haben sich im Pandemiesommer 2019 gegründet.
EP Vomiting Emotions
Label Beton Klunker
Erscheinungsjahr 2021
Bewertung

Unsere erste Begegnung war etwas problematisch, trotz guter Vorzeichen: Ich wusste, dass Power Plush aus Chemnitz kommen (Bonus!) und dort der Szene um die wunderbaren Blond entsprungen sind (Top-Referenz!). Ich sah sie erstmals im Vorprogramm der unfehlbaren Leoniden (Geschmacks-Garantie!) bei einem Picknick-Konzert im Juli, einer der seltenen Livemusik-Gelegenheiten seit Beginn der Covid-19-Pandemie (Vorfreude!).

Dort stand das Quartett auf der Bühne, die etwas zu groß für Anja (Bass), Maria (Gitarre), Svenja (Gitarre) und Nino (Drums) wirkte, was das Quartett auch bereitwillig einräumte: Es war eines ihrer ersten Konzerte überhaupt, teilweise mit Liedern, die sie noch nie live gespielt hatten, schon gar nicht vor so großem Publikum. Dass sie nicht eine Sekunde lang versucht haben, ihre gelegentliche Unbeholfenheit zu verbergen, und dass sie zugleich deutlich machten, dass sie diese sehr prominente Show letztlich als logisches Ergebnis ihrer DIY-Entwicklung betrachteten, war auch durchaus sympathisch. Das Problem, das ich an diesem Abend mit Power Plush hatte, war ein anderes: Ein großer Teil des Appeals dieser Band erwächst aus dem Harmoniegesang der drei Frontfrauen. Und dieser Gesang klang – das mag an der Aufregung gelegen haben, an falsch eingestellten Monitoren oder an zu wenig Zeit für Proben – während des Konzerts sehr oft sehr schief. Ein Vergnügen oder gar ein Highlight war die kurze Show im Leoniden-Vorprogramm deshalb nicht. Den Verdacht, dass diese Songs auf Platte (mit ausbalancierten Gesangsstimmen) sehr reizvoll sein könnten, hatte ich trotzdem schon.

Diesen Verdacht bestätigt Vomiting Emotions, die erste EP der im Sommer 2019 gegründeten Band, veröffentlicht auf dem Label von Blond und produziert von Mario Simic (Rikas, Mavi Phoenix, Mighty Oaks, Von Wegen Lisbeth). Im Intro intonieren Anja, Maria und Svenja den Titel der EP als himmlische Harmonie, auch die vier weiteren Songs sind nichts weniger als Entdeckungen.

Als „Power-Plüsch-Pop“ bezeichnen die Chemnitzer*innen ihren Sound, und wie das gemeint ist, verdeutlicht am besten die Single Smth Cool. Das Lied strahlt eine Leichtigkeit und Eleganz aus, wie man das beispielsweise bei Saint Etienne erleben kann, ist aber nicht ganz so sphärisch. Aus der Zeile „I wanna do something cool“ spricht stattdessen tatsächlich auch Tatkraft (die man wohl auch braucht, um in Chemnitz inmitten einer Pandemie eine Band auf die Beine zu stellen), der Rest des Songs wirft die Frage auf, ob wirklich so etwas möglich sein könnte wie unverkrampfte Cranberries oder Belle & Sebastian ohne Menschenscheu.

Die Gelassenheit, Melancholie und Easy-Listening-Ästhetik von Fine As Hell lassen an frühe Cardigans denken. Running Circles, der Abschluss von Vomiting Emotions, passt mit seiner dezenten Tanzbarkeit perfekt zu einem Festivalnachmittag. I Need To Rearrange My Life glänzt mit einer klasse Melodie, großer Souveränität und viel Charakter, die noch eine weitere Stärke von Power Plush zeigen: Obwohl hier drei Sängerinnen und Songwriterinnen aktiv sind, hat ihre Musik schon auf dieser Debüt-EP eine klare Identität und einen hohen Wiedererkennungswert.

Power Plush plaudern im Track by Track über Vomiting Emotions.

Power Plush bei Instagram.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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