Künstler | Puder | |
Album | Session Tapes 3 – Geschichten vom Ende der Welt | |
Label | Pussy Empire | |
Erscheinungsjahr | 2019 | |
Bewertung |
„Hier geht was ganz Großes / aber ich kapier nicht was los ist“, heißt eine Zeile in Buddy, dem ersten Stück auf diesem Minialbum. Das Lied klingt spontan und vorläufig, es verbreitet eine Atmosphäre von angenehmer Verwirrung, von Aufregung und Aufbruch. Buddy ist damit nicht nur ein Auftakt, der Lust auf mehr macht, sondern auch der lebende Beweis dafür, was die Session Tapes von Puder ausmacht, die mit Geschichten vom Ende der Welt in die dritte Runde gehen.
Catharina Boutari ist die Frau hinter Puder. Für ihre Sessions lautet die Vorgabe, alles live und innerhalb kürzester Zeit zu erschaffen. Sie hat sich Schlagzeuger Max Schneider, außerdem Hanna Jaeger (Gesang), Doro Offermann (Saxofon) und Tim Rodig (Klarinette) eingeladen, zur Seite stand ihr im Rekorder Studio auf St. Pauli auch ihr langjähriger Mitstreiter Tom Gatza an Tasteninstrumenten und Gitarre. Produziert wurden die Session Tapes 3 – Geschichten vom Ende der Welt von Gregor Hennig (Rhonda, Die Sterne).
Alles wurde innerhalb von zehn Tagen getextet, komponiert, geprobt und aufgenommen – Letzteres live vor etlichen Zuhörern, die Catharina Boutari ebenfalls eingeladen hatte. „Das Publikum beruhigt mich. Ich singe nicht in eine sterile Leere hinein, sondern direkt für die Anwesenden“, sagt sie.
Dieses in der deutschen Musiklandschaft wohl einmalige Konzept bringt auch hier einige einmalige Ergebnisse hervor. Nicht alles ist perfekt, dafür spielen Kollaboration und Intuition hier eine große Rolle. Am deutlichsten wird das Nackt, das die Session Tapes 3 abschließt und zugleich als Single ausgekoppelt wurde. Das Lied ist nahe am Chanson, sehr reflektiert und hat ein wunderbares Arrangement. „Und wenn wir gehen, dann gehen wir nackt“, singt Bourani, die einen ägyptischen Vater und eine deutsche Mutter hat und in Hamburg lebt. Aus diesem Hinweis auf das Grundlegende erwächst natürlich der Gedanke zum universellen Verständnis, das sich in der Musik spiegelt.
Big Man setzt auf ein klasse Riff von einer schweren Blues-Gitarre und verweist auf die Kapitel ihrer musikalischen Laufbahn, in denen die Sängerin noch nicht Puder war. Sie hat in etlichen Bands gespielt, etwa Babylon 27, Uh Baby Uh oder The Stewardesses. „In mir steckt immer noch das Rockkind, das seine Wut ins Mikro brüllt“, sagt sie. „Ich fände es aber komisch, an dieser Stelle stehen zu bleiben. Ich werde immer softer, achte mehr auf Zwischentöne.“
Das beweist beispielsweise Haus im Wald, das zunächst über weite Strecken auf Englisch gesungen wird. Eine wunderbar warme Orgel umschmeichelt die ebenfalls höchst angenehme Stimme, dazu erklingen sehr schöne Holzbläser (und ein Küchensieb, das als Musikinstrument zweckentfremdet wird). In Still Be Here wechselt Bourani ebenfalls zwischen den Sprachen. Der Song klingt erwachsen und freigeistig, im Text ebenso wie im Sound. Der Refrain ist auf Englisch, weil auch der Sound dieses Stücks vor allem einen amerikanischen Ursprung hat. Wenn eine Zeile hingegen durch den Sprung in ihre Muttersprache prägnanter wird oder sich schlicht besser anfühlt, singt sie auch auf Deutsch. Die Botschaft des Lieds lautet dabei: Treue und Zusammenhalt müssen nicht Anwesenheit bedeuten.
Wer noch tiefer in das Format der Session Tapes eintauchen möchte, kann das diesmal auch mittels einer 14-minütigen Filmdokumentation und eines 46-seitigen Buchs zum Projekt. Und wer das live erleben will, hat am 26. April in Amsterdam dazu die Gelegenheit: Dann nimmt Puder den vierten Teil der Reihe auf.