Pyjamarama – „Simple Living“

Künstler Pyjamarama

Pyjamarama Simple Living Review Kritik
Auf „Simple Living“ sind Pyjamarama erstmals als Trio im Einsatz.
Album Simple Living
Label À tant rêver du roi
Erscheinungsjahr 2020
Bewertung

Man könnte vermuten, Pyjamarama seien für ihr heute erscheinendes zweites Album auf den noch immer sehr angesagten Yacht Rock umgeschwenkt. Der Bandname klingt sehr lässig (auch, wenn man nicht weiß, dass es mal einen gleichnamigen Song von Roxy Music gab). Simple Living kann man sich an Bord eines Schiffes, sich sanft wiegend auf den Wogen des Mittelmeers, mit Cocktail in der Hand und einem Blick durch die Sonnenbrille auf die Schönheit der Küste (oder der leichtbekleideten Schönheiten an Bord) auch gut vorstellen. Die Franzosen haben auf dieser Platte passenderweise auch einen Song namens Cool Off, der genauso klingt, wie es dieser Titel vermuten lässt, und nicht zuletzt ein Lied namens Yacht Game, das zwischen verträumt und rasant changiert.

Nicolas Cueille, Rachel Langlais und Lucas Morin haben aber viel mehr im Sinn als dekadente Klänge für Menschen, die gerne Poloshirts tragen. Als Referenzen für ihren Sound werden Stereolab, Deerhoof und Mozart genannt, als besondere Interessensgebiete: UFOs, Würfelspiele und geometrische Fiktion, wie sie wohl auch das von Gérald Fleury gestaltete Albumcover zeigt.

Darin sind zwei Kernelemente zu erkennen: Vielfalt und eine Intelligenz, die manchmal auch nerdig werden kann. Genau das bietet Simple Living in der Tat. Signals eröffnet die Platte mit energischen Drums und einer Orgel als besonderem Kennzeichen, The Zone wird plakativ, kraftvoll und unerbittlich, das Fundament von Palatability ist New Wave, dieses variieren Pyjamarama allerdings sehr clever und reichern es mit etlichen anderen Elementen an.

Dass man hier oft eine männliche und eine weibliche Stimme hört, die auf reizvolle Weise eher nebeneinander als miteinander singen, ist ein weiteres prägendes Stilmittel. Die ersten Sekunden von Heat Beam könnten von Saint Etienne sein, dann entwickelt sich eine gute Dramaturgie rund um dominante Synthesizer. Flatland wird funky, ungewöhnlich und zappelig, zwischendurch biegt es sogar in Richtung von ziemlich straightem Punk ab. Silent Gardener wirkt wie eine Ballade von Skunk Anansie ohne deren Theatralik, es ist allerdings keine richtige Ballade, und schon gar nicht so unscheinbar, wie man sich einen schweigsamen Gärtner vorstellen würde. Pitfall ist zugleich wild und sanft; jeder Teil des Songs ist für sich ist interessant, das Aufeinandertreffen klingt allerdings etwas kalkuliert – da kommen dann vielleicht die Nerds in Pyjamarama zu sehr durch. Den Abschluss des gelungen Albums macht S.L.C., ziemlich abenteuerlich und auf einem Energie-Level in der Kategorie der Hives. Die Abkürzung steht für Smart Lads Commitee, und nach Simple Living möchte man da gerne Mitglied sein.

Der Teaser zum Album.

Pyjamarama bei Facebook.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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