Schon wieder: Ein Defizit von 1,22 Milliarden Euro klafft im ersten Quartal im Etat von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt. Für die nächsten Jahre ist mit einem noch größeren Minus zu rechnen. Die roten Zahlen zeigen: Im Gesundheitssystem muss dringend etwas passieren.
Es mutet fast schon wie ein pawlowscher Reflex an, dass die Politiker angesichts des Lochs in der Kasse auf die Einnahmenseite schauen. Die Praxisgebühr soll pro Arztbesuch bezahlt werden, die Beitragsbemessungsgrenze fallen, der gerade erst gesenkte Beitragssatz wieder steigen – das sind nur drei der wenig originellen Ideen, um der notorischen Finanznot der gesetzlichen Krankenkassen beizukommen. Dass solche Maßnahmen aber Gift für die Konjunktur und den Arbeitsmarkt sind, wird dabei vergessen.
Viel zu wenig wird über die Ausgabenseite nachgedacht. Das seit Mai greifende Arzneimittelsparpaket kann dabei nur der erste Schritt sein. Früher oder später führt – auch wenn niemand wagt, dies auszusprechen – auch kein Weg an Leistungskürzungen vorbei.
Ein Posten, bei dem Einschnitte noch relativ leicht zu verschmerzen wäre, sind die Krankenkassen selbst. Über 250 davon gibt es momentan in Deutschland, nicht wenige davon gehen auf Regelungen aus Bismarcks Zeiten zurück. Die Vielzahl sichert angeblich Wettbewerb. Doch die allermeisten Kassen verlangen Beitragssätze um die 13 Prozent – von einer echten Konkurrenz zum Wohle des Kunden kann da keine Rede sein.
Stattdessen bilden die gesetzlichen Krankenkassen einen riesigen Wasserkopf. 8,2 Milliarden Euro gaben sie im vergangenen Jahr aus, um sich selbst zu verwalten. Das sind 5,66 Prozent der Gesamtausgaben. Natürlich ist das kein riesiger Wert. Aber er bedeutet, dass über 4,5 Millionen Versicherte ihre Beiträge nur für die Finanzierung der Kassen-Bürokratie zahlen – statt für Medikamente und Behandlungen.
Die große Koalition will sich der Frage nach der Zukunft des Gesundheitssystems möglichst schnell annehmen. Vielleicht sollte sich Ulla Schmidt dabei auch der Vergangenheit erinnern: Im Herbst 2005 hatte sie schon einmal gefordert, die Zahl der Krankenkassen zu reduzieren. Im Ringen um einen Koalitionsvertrag ging dieser Vorschlag recht schnell wieder unter. Doch die Idee bleibt gut: Eine ausreichende Vielfalt an Angeboten wäre auch bei 100, selbst bei 50 Krankenkassen noch gegeben. Doch das Gesundheitssystem und die Beitragszahler wären dann um einen großen Kostenfaktor erleichtert.
Ein Gedanke zu “Riesiger Wasserkopf”