Künstler | Rikas | |
EP | Swabian Samba | |
Label | Fanny Pack | |
Erscheinungsjahr | 2018 | |
Bewertung |
Das klingt nach großer Heimatverbundenheit. Als schwäbischen Samba verkaufen Rikas aus Stuttgart die sechs Lieder ihrer heute erscheinenden ersten EP. Für Chris Ronge, Sascha Scherer, Sam Baisch und Ferdinand Hübner, die sich schon seit Schulzeiten kennen und seit Anfang 2016 als Rikas auftreten, ist diese Herkunft, mit einer gemeinsamen Vergangenheit etwa im Fußballverein oder der Kirchengemeinde, tatsächlich extrem wichtig. Allerdings gehören sie nicht zu der Sorte von Lokalpatrioten, für die es keine Welt außerhalb der eigenen Region gibt.
Schon als Schüler waren sie unterwegs als Straßenmusiker, mit dem Interrail-Ticket sogar europaweit. Später waren sie etwa im Vorprogramm für Bilderbuch, The Lemon Twigs, Parcels, AnnenMayKantereit und Von Wegen Lisbeth auf Konzertreisen. Diese Eindrücke prägten Swabian Samba, das Rikas mit Produzent Robert Stephenson aufgenommen haben. „Über die letzten zwei Jahre sind auf Reisen und im Proberaum viele Songideen entstanden, die wir auf den Straßen und bei Shows immer wieder in unterschiedlichen Gewändern gespielt und haben wirken lassen. Als wir dann mit Robbie zusammengekommen sind, wurde es Zeit, die Songs endlich in ein finales Gewand zu bringen. Wir haben den Prozess sehr genossen und zwischen Stuttgart und Berlin, im Studio und im Kinderzimmer, die Songs ausproduziert“, sagen sie.
Dass die Sache mit der Samba nicht nur wegen der hübschen Alliteration im Titel der EP steht, zeigt gleich der Auftakt Dancing In My Room mit sehr deutlichen Latin-Einflüssen und einer großen Gelassenheit passend zum Thema, von dem Sam Baisch (der sich beim Gesang mit Chris Ronge abwechselt) hier singt: Alle kommen voran in ihrem Leben, überall passiert etwas, er genießt es hingegen, „Mr. Lazy“ zu bleiben, wie es in einer Zeile heißt. Fans von Milky Chance dürften daran ihre helle Freude haben.
Auch das folgende Tortellini Tuesday, das man in der Nähe von Friendly Fires, Phoenix oder den Shout Out Louds platzieren könnte, ist extrem sonnig (nicht nur, weil zwischendurch auf Italienisch gesungen wird), gut gelaunt, nett und wie gemacht für einen entspannten Festivalnachmittag. Das charmante We Had A Date wird ein wenig auf altmodisch getrimmt; man merkt, dass Rikas früher eine Vorliebe für Beatles-Coverversionen hatten. Im funky Picasso setzen sie auf hohen Harmoniegesang à la Bee Gees und ein Wah-Wah-Gitarrensolo. Slow Down ist wieder so ein Moment, der zum Tanzen auffordert, am besten am Strand, auf jeden Fall aber barfuß, vielleicht auch etwas ungelenk von zu viel Rotwein aus dem Tetrapak.
Wie gut das im Konzert funktionieren dürfte, ahnt man schnell, und in der Tat sehen Rikas darin den Kern ihrer Tätigkeit. „Live zu spielen ist für uns ein nicht ersetzbarer Teil des Musikerseins. Da kommen wir her und da fühlen wir uns wohl. Die Energie und Resonanz, die wir bei Live-Shows erfahren, ist für uns überwältigend und unersetzbar. Es ist der Ursprung unserer Band und das wollten wir mit der Swabian Samba-EP einfangen. Egal ob die Kopfsteinpflastergasse in Florenz oder das Lido Berlin: Wir lieben es, auf den Bühnen der Welt zusammen sexy, aufgewühlt, sehnsüchtig zu sein“, sagen sie.
Die Vorliebe für die Bühne könnte aber noch einen anderen Hintergrund haben: Der vergleichsweise flüchtige und per se mit Euphorie aufgeladene Konzertmoment kann gut darüber hinweg täuschen, dass Rikas weder allzu viel Abwechslung noch sonderlich viel Inhalt zu bieten haben. Auf einer EP als Tonträger ist dieses Problem zwar noch nicht eklatant, aber, erst recht bei wiederholtem Hören, doch unverkennbar, wie beispielsweise Lisa zeigt: Den Song könnte man sich mit mehr Power auch als Glamrock vorstellen, mit etwas zusätzlichem Sacharin wäre es allerdings genau die Sorte von Musik, die es vor gut 40 Jahren von Wegwerf-Teenie-Bands wie den Bay City Rollers gab. Die EP zeigt: Ihre Themen sind letztlich arg eindimensional, die Texte oberflächlich, der Gesamteindruck verdächtig leichtgewichtig. Man darf gespannt sein, wie sich Rikas schlagen, wenn die erste Strandparty vorbei ist.