Künstler | Robag Wruhme | |
Album | Venq Tolep | |
Label | Tapete | |
Erscheinungsjahr | 2019 | |
Bewertung |
Es ist nicht so, dass Robag Wruhme seit der Veröffentlichung von Thora Vukk (2011) gar nichts gemacht hat. In seinem Lebenslauf stehen in diesem Zeitraum beispielsweise Remixes, Auftritte oder Zusammenarbeiten mit Paul Kalkbrenner und DJ Koze. Acht Jahre sind dennoch eine sehr lange Zeit für ein neues Album, erst recht in der schnelllebigen Welt der elektronischen Musik, die der Mann aus Jena (bürgerlich: Gabor Schablitzki) seit mehr als 25 Jahren unter verschiedenen Namen bereichert.
Vielleicht deshalb schließt er das gestern veröffentlichte Venq Tolep mit einem Track ab, auf dem ihm diverse Mitmusiker einen klanglichen Gruß hinterlassen. Die Message könnte sein: Wir denken an dich, wir haben dich noch auf dem Radar, dein Netzwerk ist bestens intakt. Die jeweiligen Freunde und Kollegen sagen in Ende #2, wer sie sind, wo sie sind, und zählen dann in ihrer Muttersprache bis 3 (oder 4). Das geht gut viereinhalb Minuten so und ist viel interessanter als es auf dem Papier klingt. Schon auf Thora Vukk gab es ein Stück namens Ende (und das darin enthaltene „Tschüss, Gabor!“ erklingt auch hier wieder), schnell findet man auch weitere Kontinuitäten zum Vorgänger. Mit Lysann Zander beispielsweise hatte Robag Wruhme schon damals zusammengearbeitet, sie leiht hier auch den ersten beiden Tracks ihre Stimme. Advent eröffnet das Album zugleich dezent und verworren: Da scheinen Stimmen und Streicher zu sein, aber es lassen sich in diesem Klang eher Flächen als Linien erkennen. Westfal bietet sowohl rückwärtslaufende Stimmen und Beats als auch eine klare, sogar heitere Melodie.
Weitere Gäste sind Sidsel Endresen und Bugge Wesseltoft. Beide hat er für sein eigenes Label unter Vertrag genommen, das Ergebnis in Form von Nata Alma klingt mit dem sehr schönen Gesang und dem hochkomplexen Beat wie die Chemical Brothers im Chill Out Modus. Zumindest virtuell ist auch der französische Produzent Oxia vertreten: Dessen Domino hatte Robag Wruhme schon vor zwei Jahren geremixt. Hier nimmt er sich dieser Vorlage erneut an und verpasst ihr unter dem Titel Bézique Atout unter anderem mit einem verfremdeten Stimm-Sample etwas ausgesprochen Geheimnisvolles.
Man sollte das keineswegs als Resteverwertung betrachten und schon gar nicht als Beleg für einen beschränkten musikalischen Horizont – dafür ist die Bandbreite von Ambient (Iklahx wird extrem entspannt und lässt auch eine Vorliebe für Dub erkennen) über Pop (etwa Ak-Do 5 und Komalh haben viele sehr melodiöse Passagen) bis Techno (vor allem der Titelsong verdeutlich, wie effizient hier immer wieder die Stärken des Repetitiven mit guter Dynamik vereint werden) auf Venq Tolep auch viel zu groß. Vielmehr zeigen solche Konstellationen wohl: Es gibt Sounds und Stücke, die Robag Wruhme nicht loslassen und ihn dazu bringen, sich immer wieder mit ihnen zu beschäftigen. Diese Interpretation stützt auch eine neue Version von Volta Cobby aus dem Jahr 2015, das hier als Volta Copy seines Beats beraubt wird und so eine ganz neue Facette offenbart. Die Eigenart, selbst an fertigen und veröffentlichten Songs immer weiter zu tüfteln, ist dann wohl auch ein Grund für die lange Pause zwischen dieser Platte und dem letzten Album. Venq Tolep ist über einen Zeitraum von sieben Jahren entstanden und man merkt den Tracks einerseits an, wie viel Studioarbeit darin steckt, nicht nur beim Zusammenfügen, sondern auch beim Erzeugen einzelner Sounds. Andererseits klingt das Ergebnis wieder höchst intuitiv und organisch.