Künstler | Rolo Tomassi | |
Album | Time Will Die And Love Will Bury It | |
Label | Holy Roar Records | |
Erscheinungsjahr | 2018 | |
Bewertung |
Am Anfang war das Wort. Angeblich gilt das ja generell, für das morgen erscheinende Time Will Die And Love Will Bury It von Rolo Tomassi trifft es in jedem Fall zu. „Der Name des Albums stammt vom Poster eines Freundes, das er als Tribute für ein Gedicht von Richard Brautigan entwarf. Ich wusste sofort, dass unser neues Album so heißen sollte“, erklärt James Spence, Keyboarder und Sänger des Quintetts aus Nottingham. „Nachdem der Titel des Vorgängers Grievances eher einfarbig und simpel war, schwingt im neuen Namen Optimismus und Vielschichtigkeit mit. Und genau so sollte auch der Sound des neuen Albums sein. Der Name stand schon fest, noch bevor wir überhaupt anfingen, an Songs zu schreiben, was mir allerdings dabei half, den anderen meine Vision des Albums etwas näher zu bringen.“
In der Tat ist es diese Vielschichtigkeit, die das fünfte Album der 2005 gegründeten Band auszeichnet. Die Dichotomie aus hart und soft, hell und dunkel, Hardrock und Elektronik war schon immer prägend für den Sound von Rolo Tomassi. Sie waren mit Biffy Clyro auf Tournee, ebenso wie mit Enter Shikari, sie haben mit Produzent Lewis Johns (Gnarwolves, Funeral For A Friend) gearbeitet ebenso wie mit Diplo. Für Time Will Die And Love Will Bury It treiben sie dieses Konzept zugleich auf die Spitze und reichern es mit weiteren Facetten an. Das zeigt etwa die Vorab-Single Rituals. Am Beginn steht Metal, der erst Größe und Kraft demonstrieren will und dann pure Zerstörungswut, dann baut das Break mit der Stimme von Sängerin Eva Spence neue Spannung auf, die sich danach mit dem Gesang ihres Bruders James wieder entlädt.
Dieses Muster wiederholt sich auch diesmal, freilich sind die Engländer selbst zehn Jahre nach ihrem Debütalbum Hysterics noch viel zu energisch und viel zu kreativ, dass dabei Langeweile aufkommen könnte. Contretemps baut sich vergleichsweise behutsam auf, dann powert sich James Spence richtig aus, bevor Eva ein fast verträumtes Finale hinzufügt. Alma Mater klingt, als habe ein Killerschwadron aus der Nacht der reitenden Leichen ein Säureattentat auf ein Liebeslied verübt. In Whispers Among Us demonstriert James Spence, dass er nicht nur schreien kann, sondern auch grunzen und fauchen wie der Teufel höchstpersönlich; der Song wird ein schwarzes Loch, das alle Wut der Welt in sich aufgesogen hat und dann in der zweiten Hälfte anscheinend doch wieder ein wenig Hoffnung entweichen lässt.
The Hollow Hour ist vielleicht das typischste Beispiel für das Rolo-Tomassi-Prinzip von Schönheit vs. Screamo: Erst wird Spannung aufgebaut, dann wird James Spence zum Berserker, zwischendurch gibt es fast niedliche Passagen mit Evas Mädchenstimme. Sie singt wie eine Prom-Queen, glockenhell und unschuldig; er klingt wie der Außenseiter, der vor lauter Frust schon lange ein Schulmassaker plant. Dass auch die Rollenverteilung vom Rotkäppchen und dem bösen Wolf passen würde, zeigt das sehr ähnlich konstruierte A Flood Of Light, auch wenn beide Teile dabei auf etwas mehr Elektronik setzen.
Wie gut die Songs auf Time Will Die And Love Will Bury It auch jenseits von Krawall und Vollgas sind, zeigt beispielsweise das zurückhaltend instrumentierte Aftermath. Die Stimme von Eva Spence ist zuckersüß, der Refrain hat sogar Grazie, zum Finale gibt es Synthie-Fanfaren. Auch der Rausschmeißer Risen passt in diese Kategorie: Nur mit Gitarre und Gesang zeigt das Lied genauso gut wie die komplexesten Momente des Albums, wie mühelos Rolo Tomassi hier Emotionalität und Virtuosität verbinden können, bevor schließlich alles von einem Drone verschlungen wird.
Das Video zu Balancing The Dark enthält definitiv mehr Finsternis als Ausgeglichenheit.
https://www.youtube.com/watch?v=Fdyg8k5qZFM
Ende des Monats gibt es zwei Deutschlandkonzerte:
30.03.18 – Berlin – Musik & Frieden
31.03.18 – Hamburg – Headcrash