Sea Of Bees – „Orangefarben“

Künstler Sea Of Bees

Sea Of Bees Orangefarben Review Kritik
„Orangefarben“ ist ein Liebskummer-Album.
Album Orangefarben
Label Heavenly
Erscheinungsjahr 2012
Bewertung

Broke heißt das erste Lied auf dieser Platte, und damit ist der Inhalt des zweiten Albums von Julie Baenziger alias Julie Ann Bee alias Sea Of Bees bereits bestens zusammengefasst. Orangefarben ist eine Platte über das Ende einer Beziehung.

2009 hatte die Sängerin aus Sacramento ihr Debüt Songs For The Ravens veröffentlicht, wenig später hatte sie – mit fast Mitte 20 – ihre erste Beziehung mit einer Frau, eine Freundin, der sie den Spitznamen „Orangefarben“ gab und die sie rückblickend „ihre erste wahre Liebe“ nennt. „Ich musste ständig daran denken, wie schön es war, als ich sie traf. In dieses Album habe ich all unsere Erfahrungen und Erinnerungen gesteckt“, hat sie NPR erzählt. „Daraus Lieder zu machen, war hart. Aber es hat mich wieder lebendig gemacht. Es hat mein Herz gefüllt.“

Das ist der Ansatz, der Orangefarben prägt. Es gibt natürlich Trauer, Schmerz und Bedauern, es gibt aber auch Freude, Begehren und Unbeschwertheit auf dieser Platte. Alien ist ein Lied, das sich immer mehr in seine eigene Wehmut hineinzusteigern scheint, Teeth wird vergleichsweise luftig, Girl ist kompakt und überrascht mit viel Drive – wenn es noch Radiosender für College-Rock geben würde, wäre es dort auf Heavy Rotation. Das schwelgerische und sehnsüchtige Gone ist ein gutes Beispiel dafür, wie Sea Of Bees am Ende gerne noch eine Schippe Schönheit und Leidenschaft draufpackt. Dominierend ist die Entschlossenheit, aus dem Ende dieser Beziehung gestärkt hervorzugehen, ebenso entscheidend beim enorm großen emotionalen Spektrum dieses Albums ist, dass alles sehr intensiv, persönlich und echt ist.

Schon der erwähnte Album-Auftakt Broke klingt zwar herb und wehmütig, hat aber auch eine beträchtliche Kraft, noch mehr Charme und das Versprechen: „I’ll be fine.” Take fußt auf einem sehr gebremsten Herzschlag-Beat und holt am Ende ein sehr schickes Cello hinzu. Der Beat von Leaving kommt von einem altertümlichen Drumcomputer, sonst bleibt das Lied weitgehend akustisch, und warum dieses John-Denver-Cover seinen Weg auf Orangefarben gefunden hat, wird spätestens bei der Zeile „Every song I sing I sing for you” klar.

„Ich weiß nicht, wie die Leute darauf reagieren werden, weil die Platte so direkt ist“, sagt Julie Baenziger. „Ich habe auch versucht, über andere Sachen zu schreiben, aber es war immer dieses Thema, das aus meinem Herzen sprach. Es kam einfach immer mehr davon raus, Wörter und Melodien.” Sehr geschickt findet Orangefarben trotz dieses einheitlichen Themas und der natürlich auch hier äußerst prägnanten Stimme immer wieder neue Sounds: In More wird das akustische Fundament dieser Lieder erkennbar, Give hat einen sehr prominenten Bass und lässt den Rest sehr abstrakt, das reduzierte Smile enthält fast nur Mellotron und Gesang, Grew schließt die von John Baccigaluppi produzierte Platte beinahe sphärisch ab.

„Die Dinge verheilen zu lassen, die in der Vergangenheit liegen – das gilt letztlich für uns alle“, hat Julie Baenziger erkannt. Als Sea Of Bees hat sie daraus nicht nur ein eindrucksvolles Album abgeleitet, sondern auch eine sehr aufmunternde Botschaft: „Ich fühle mich wie ein neuer Mensch. Ich merke, dass sich meine Persönlichkeit entwickelt. Ich empfinde Glück. Die Dinge kommen gerade erst ins Rollen.”

Mit Post-its spricht sich Sea of Bees im Video zu Broke neuen Mut zu.

Website von Sea Of Bees.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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