Vor der Erholung im Urlaub kommt der Stress auf der Autobahn. Jahr für Jahr bewahrheitet sich diese Regel und stellt die Nerven der Autofahrer auf eine harte Probe. Allein im vergangenen Jahr summierten sich die Staus in Deutschland während der Ferienzeit laut ADAC auf eine Länge von 13.850 Kilometer – das entspricht einer Blechkarawane von Paris bis Peking.
Doch Staus bedeuten nicht nur Ärger für die, die drin stecken und ein erhöhtes Unfallrisiko für die, die sich nähern. Staus verursachen auch volkswirtschaftliche Schäden in elfstelliger Höhe, wie nun die EU-Kommission ermittelt hat. Zudem sind sie für große Umweltschäden verantwortlich: Bei Stop-and-Go verbrauchen einige Autos bis zu 40 Mal so viel wie im fließenden Verkehr. Doch trotz solch skandalöser Zahlen hat die Politik noch immer keine Antwort auf die Frage, wie sich Staus vermeiden oder zumindest reduzieren lassen.
Vielleicht hofft mancher Verkehrsminister darauf, dass sich das Problem von selbst löst: Der Verband der Autohändler hat gestern mitgeteilt, dass in Deutschland künftig wohl pro Jahr eine halbe Million Autos weniger verkauft werden als zuletzt, weil die jungen Leute fehlen, die sich einen Wagen anschaffen.
Doch allein darauf zu setzen, wäre fahrlässig. Denn viele Staus entstehen nicht durch zu hohes Verkehrsaufkommen, sondern durch schlechtes Verkehrsmanagement. Baumaßnahmen werden zu Unzeiten umgesetzt, Tempolimits anscheinend willkürlich festgelegt und jede dritte Stauwarnung im Radio erweist sich als falsch. Kein Wunder, dass der Verkehr dann nicht nur nach Unfällen, sondern auch regelmäßig zu Stoßzeiten und an Knotenpunkten zusammenbricht.
Dazu kommt das immer weiter wachsende Lkw-Aufkommen. Trotz aller lobenswerten Anstrengungen, den Transport auf die Schiene zu verlagern: Bis zum Jahr 2050 soll der sowieso schon viel zu umfangreiche Güterverkehr auf der Straße noch einmal um 50 Prozent zunehmen.
Warum die Bundesregierung angesichts dieser Situation nicht verstärkt auf Verkehrsleitsysteme setzen will, ist ein Rätsel. Die elektronischen Helfer, die bei Bedarf den Standstreifen als Fahrspur freigeben, Geschwindigkeitsbeschränkungen dem Verkehrsfluss anpassen oder zeitweilige Überholverbote für Lkw erlassen, haben sich bewährt. Gegen einen flächendeckenden Einsatz können aus Sicht der Politik eigentlich nur Kostengründe sprechen.
Doch das ist ein fadenscheiniges Argument. Unzählige Kilometer Autobahn, von denen jeder allein im Bau den Steuerzahler bis zu 12 Millionen Euro kostet, wurden in den vergangenen Jahren vor allem im Osten als Pseudo-Konjunkturprogramm gebaut. Statt Asphalt in die Landschaft zu schütten, wo keiner ihn braucht, wäre es sinnvoller, das Geld dort zu investieren, wo viele Menschen unterwegs sind.