Künstler | Small Feet | |
Album | With Psychic Powers | |
Label | Barsuk | |
Erscheinungsjahr | 2019 | |
Bewertung |
Dinge aus der Vergangenheit zur Schau stellen, die als bewahrenswert erscheinen – als die Menschen das Konzept „Museum“ noch nicht entwickelt hatten, geschah dies in sogenannten Wunderkammern. Teilweise recht wild wurden dort Objekte aus Kunst und Natur präsentiert, aus verschiedenen Zeitaltern und aller Herren Länder.
Dass Simon Stalhamre, die treibende Kraft hinter Small Feet, sein zweites Album im Winter 2017/2018 in eben solch einer historischen Kammer aus dem 16. Jahrhundert in Stockholm aufgenommen hat, erscheint nur allzu passend. Schon sein 2015 veröffentlichtes Debüt hatte ihn als Mann ausgewiesen, der die Vergangenheit schätzt und sich aus seinen liebsten Elementen der Musikhistorie einen sehr eigenen, manchmal prachtvollen, manchmal irritierenden Raum erschafft.
Vergleiche mit Neil Young oder Jason Molina, die es damals gab, sind auch auf With Psychic Powers wieder naheliegend. Let The Guys Down eröffnet das Album, ist sofort sehr präsent und entfaltet einen opulenten Sound mit vielen Anleihen an die späten Sixties. Das mehr als sieben Minuten lange The Lake bewegt sich in Richtung Psychedelik, Ghost Pal erweist sich als Soul-Ballade. Würde im Text von E-mptiness nicht ein Begriff wie „Computer screen“ vorkommen, könnte man wetten, es sei ein 50 Jahre alter Klassiker.
Gemeinsam mit seinen Mitstreitern Jacob Snavely, Christopher Cantillo und Dante Kinnunen hat Simon Stalhamre die Band allerdings auch weiterentwickelt. Die ersten Ideen für With Psychic Powers entstanden 2016, während er auf Tour war. „Ich hatte bis dahin unfassbar viel aus dem ersten Album gelernt, auch durch die Musiker und Produzenten, die um mich herum waren“, sagt der Schwede. „Insbesondere Christopher Cantillo war ein sehr wichtiger Einfluss. Er spielt nicht nur Schlagzeug bei Small Feet, sondern ist auch ein professioneller Jazzmusiker. Die Arbeitsweise in diesem Genre hat mich sehr inspiriert. Diese Musiker arbeiten wirklich hart, sie gehen morgens ins Studio, liefern 20 exzellente Takes ab, und dann haben sie alles im Kasten. Zack, fertig. Lasst uns morgen früh das nächste Album aufnehmen! Sie bewegen sich auf eine sehr unsentimentale Weise immer weiter vorwärts und verlassen sich dabei auf ihr Können, ihr Talent und ihre Intuition, statt jedes Detail zu sezieren. Von diesem Ansatz habe ich viel gelernt.“
Momenten wie dem weitgehend akustischen Masquerade oder dem skizzenhaften Drömsekvens (zu Deutsch: Traumsequenz) hört man diesen Willen zum Organischen und zur Spontaneität besonders an. Nach stärker sind Small Feet allerdings, wenn sie konkreter und gerne auch etwas großspuriger werden. So bietet IDBIL eine schöne Orgelmelodie und eine schmerzhafte Slide-Gitarre, passend zur unfassbar einsamen Zeile „I’ll never reveal myself.“ Der Album-Schlusspunkt Give Up The Power klingt, als sei er mit letzter Kraft gesungen, auf Running Away hingegen beweisen Small Feet, dass sie auch rocken können, mit Drive und Druck.
Der Höhepunkt auf With Psychic Powers ist Bad Science, ein grandioser Song mit tollem Harmoniegesang und einer heiteren, positiven Kraft. Auch diese scheint aus einer längst vergangenen Ära zu stammen und ist doch unverkennbar aktuell. Falls die Macher des in diesem Jahr anstehenden 50. Jubiläums von Woodstock noch einen Platz frei haben, sollten sie diese Band unbedingt anrufen. Es wäre eine Idealbesetzung.
Die Bad Science scheint im Video vor allem an Farbe und Rauch zu forschen.
Small Feet gibt es bald hier live sehen:
03.04.2019 – Horns Erben, Leipzig
15.04.2019 – Art Stalker (Berlin)
16.04.2019 – FZW, Dortmund