Irgendetwas stimmt hier nicht. Der Parkplatz auf dem Highfield-Gelände ist erstaunlich leer. Ich bin ohne Bändchen reingekommen. Es wird Radeberger statt Beck’s beworben. Am Strand sind keine Cocktailbars und kein Volleyballnetz aufgebaut, dafür liegen dort erstaunlich viele Kinder und, besonders irritierend, alte Menschen rum. Vor allem aber ist die Musik ungewöhnlich leise. Und überaus seltsam (ich tippe auf Santiano, aber da kenne ich mich nicht so gut aus).
Was ist hier los? Terrorwarnung? Sommerloch? Spontane Rammstein-Allergie? Ich checke sicherheitshalber noch einmal die GPS-Koordinaten. Alles korrekt: 51.224970, 12.439490. Genau hier soll das Highfield stattfinden. Aber natürlich bin ich einen Monat zu früh.
Die eigentlichen Aufbauarbeiten am Störmthaler See in der Nähe von Leipzig beginnen erst zehn Tage vor Festivalstart. Die Crew wird sich ein wenig umgewöhnen müssen, denn es gibt etliche Neuerungen beim Highfield 2016, verrät mir Benjamin Hetzer von der Festivalleitung. „Generell haben wir 30 Hektar mehr Fläche akquiriert, um unsere Besucher unterzubringen. Außerdem haben diverse Umbauten und Umstrukturierungen im Veranstaltungsgelände stattgefunden, so dass wir ein größeres Konzertgelände präsentieren können. Selbstverständlich wurde auch die gesamte notwendige Infrastruktur auf die zusätzlichen Besucher angepasst und deshalb unter anderem neue Sanitärstationen geschaffen“, sagt er. Hintergrund: Tickets für Ostdeutschlands größtes Festival für Rock und Indie gibt es schon seit Wochen nicht mehr. Mit 35.000 Musikfans (10.000 mehr als im vergangenen Jahr) steht ein Rekordbesuch ins Haus.
https://youtu.be/irD2m-sGSqg
Erstmalig gibt es beim Highfield 2016 den „Searassic Park“, einen Komfort-Campingplatz mit festen Unterkünften, die ebenfalls bereits ausgebucht sind. Auf dem regulären Campingplatz wird es einen Wochenmarkt geben, wo sich die Besucher vor Ort versorgen können. Der Strand wird größer sein, auch das Gastronomieangebot wurde überarbeitet.
Derzeit ist davon natürlich noch nichts zu sehen. Einzige Gelegenheit für eine Stärkung ist das Bistro Vineta. Dort sind Eiskaffee und geräucherter Fisch gefragt, Ausflugsgäste naschen ein Stück Kucken, Kinder schaukeln auf dem Spielplatz. „Das Highfield-Festival ist die einzige Zeit des Sommers, in der wir nicht geöffnet haben. Da quartieren sich Polizei und Feuerwehr hier ein. Als normaler Besucher kommt man da gar nicht hierher“, verrät die Dame an der Vineta-Theke.
Auch der Parkplatz direkt um die Ecke wird während des Festival-Wochenendes anders genutzt. „Den haben sich die Veranstalter gesichert, hier werden beispielsweise die Autos für die Crew stehen“, sagt der Mann, der die Parktickets verkauft (sein Kofferradio auf einem Campingtisch ist es auch, aus dem Santiano zu hören ist). Er selbst ist beim Highfield trotzdem im Einsatz und sorgt dann auf einem weiter entfernten Besucherparkplatz für Ordnung.
Wo in vier Wochen die Bühne stehen wird, findet man jetzt nur eine leere und sehr trockene Wiese mit ein paar verstreuten Blumen (ich tippe auf Butterblumen und Kamillen, aber da kenne ich mich nicht so gut aus). Kaum zu glauben, dass hier in einem Monat der Bär steppen soll. Dass dabei vor allem deutsche Künstler auf den beiden Bühnen stehen werden (57,5 Prozent der Acts im Lineup kommen dieses Jahr aus Deutschland, habe ich ausgerechnet), sieht Benjamin Hetzer durchaus als Teil des Highfield-Profils: „Wir haben in Deutschland einfach viele tolle Künstler und wir sehen auch an unseren Besucherwünschen, dass sie diese gerne sehen wollen. Ein anderer Grund ist aber sicherlich auch die Verfügbarkeit. Es sind ja nicht immer alle Wunschkünstler auf Tour und verfügbar, wenn das Highfield stattfindet.“
Das Wetter übt derweil schon ideale Festivalbedingungen: um die 30° Celsius, ab und zu eine erfrischende Windböe, sogar gelegentlich ein Wölkchen (ich tippe auf Altocumulus, aber da kenne ich mich nicht so gut aus). Wenn es in vier Wochen genauso wird, werden Fans und Veranstalter wohl zufrieden sein.
Falls das Wetter nicht mitspielt – immerhin waren dieses Jahr bisher fast alle großen Festivals von Unwettern betroffen, teilweise mussten Veranstaltungen sogar abgebrochen werden – ist man ebenfalls gewappnet. „Wir haben seit Jahren ein umfangreiches Sicherheitskonzept, das zusammen mit den zuständigen Behörden und Sicherheitsdiensten entwickelt und abgestimmt wurde, das unter anderem auch Unwetter-Szenarien vorsieht. Je nach Situation greift dann das entsprechende Szenario. Wir müssen akzeptieren, dass das Wetter im schlimmsten Fall unberechenbar ist. Natürlich müssen wir genau darauf entsprechend vorbereitet sein. Wir können also nicht das Wetter selbst, aber den Umgang mit der Wettersituation planen und genau das machen wir“, sagt Benjamin Hetzer von FKP Scorpio.
Und worauf freut er sich als Veranstalter beim Highfield 2016 persönlich am meisten? „Nach einer bisher recht kraftraubenden Festivalsaison: auf einen Sprung in den Störmthaler See!“