Suuns – „Fiction“

Künstler Suuns

Suuns Fiction Review Kritik
Für die EP „Fiction“ haben Suuns altes Material neu zusammengesetzt.
EP Fiction
Label Joyful Noise
Erscheinungsjahr 2020
Bewertung

Auf dem Papier klingt das sehr vernünftig. Die Zeit, in der Reisen, Konzerte und der größte Teil sonstiger sozialer Kontakte unmöglich geworden sind, haben Suuns genutzt, um im eigenen Archiv zu stöbern. Die Band aus Montreal hat altes Material gesichtet, neu zusammengesetzt und mit anderem kombiniert, das Ergebnis ist die heute erscheinende EP Fiction als musikalisches Lebenszeichen während der Isolation.

Die Single Pray ist ein Beispiel für diese Idee, wie Schlagzeuger Liam O’Neil erzählt: „Wir haben Pray schon im Summer 2015 in Dallas aufgenommen, mit unserem Kumpel John Congleton. Es war der beste Song, der für das 2016er Album Hold/Still entstanden ist. Trotzdem haben wir ihn dann nicht darauf berücksichtigt. Vielleicht, weil uns das Stück so gut gefallen hat und wir glaubten, irgendwann einmal eine noch bessere Version davon machen zu können. Wir haben uns dann immer wieder daran versucht, aber nichts kam dieser unverstellten Live-Performance gleich.“

So logisch die Idee des Recherchierens, Kuratierens und Kombinierens klingt, so schnell lassen die sechs Songs auf Fiction (zum Glück) jeden Gedanken an Ratio, Zweckmäßigkeit oder gar Resteverwertung hinter sich. Im erwähnten Pray entwickelt sich aus einer klanglichen Ursuppe ein Beat, der dann schnell beträchtliche Kraft und spröden Reiz beweist. Auch der EP-Auftakt Look hat solch eine Dramaturgie: Da sind zunächst seltsame Geräusche, dann Stimmen, aber die ganze Zeit über ist da auch noch etwas anderes, das bedrohlich und transzendental klingt.

Radwan Ghazi Moumneh (Jerusalem My Heart) sorgt als Gast in Breathe für einen asiatischen Touch. Die Stimme von Amber Webber (Lightning Dust, ehemals Black Mountain), scheint sich in Death aus den seltsamen Geräuschen befreien zu wollen, in denen sie gefangen ist. Der Titelsong Fiction nutzt rückwärts laufende Stimmen als Basis für eine spannende Klangcollage, Trouble Every Day beschließt die EP mit dem verfremdeten Sample eines Monologs von Frank Zappa, der sich in Rage redet. „Ohne Abweichung von der Norm ist keine Entwicklung möglich“, hat der einmal gesagt, und Suuns beweisen auch hier mit ihrem Sound und ihrer Arbeitsweise, wie genau sie das verstanden haben. 2021 soll es ein neues Album als regulären Nachfolger von Felt geben.

Mangels aktuellem Video hier eine andere Kollaboration mit Jerusalem My Heart.

Website von Suuns.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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