Künstler | Teenage Fanclub | |
Album | Endless Arcade | |
Label | Pema | |
Erscheinungsjahr | 2021 | |
Bewertung |
Dass wir es hier mit einem Jubiläum zu tun haben, scheint den Teenage Fanclub nicht sonderlich zu interessieren. Endless Arcade ist das zehnte Album der Schotten, aber sie beginnen es nonchalant mit den Zeilen „Every morning / I open my eyes.“ Auch der Rest im Auftakt Home klingt vollkommen selbstverständlich und fast beiläufig, zur Spielzeit von mehr als sieben Minuten tragen eine sehr lebendige Rhythmussektion ebenso bei wie üppige Gitarrensoli und Gesangsharmonien, die Crosby, Stills, Nash & Young auch nicht inniger hinbekommen hätte. Man kann hier bereits eine Ästhetik erkennen, die sich auf dem Nachfolger von Here (2016) dann immer wieder findet: Alles klingt anti-angeberisch. So als wüssten Teenage Fanclub schon, dass sie mindestens einen Semi-Klassiker erschaffen haben, der es gar nicht notwendig macht, innerhalb der Songs oder mit Studiotricks oder Lautstärke zu prahlen.
Dazu passt die Arbeitsweise, die Raymond McGinley – einer der beiden Songwriter und Sänger in dieser Band – für Endless Arcade so beschreibt: „Der Prozess ist so ziemlich derselbe wie immer. 1989 gingen wir in ein Studio in Glasgow, um unsere erste LP aufzunehmen. Francis beginnt mit dem Aufbau seines Schlagzeugs, der Rest von uns sucht sich seine Plätze um ihn herum und los geht’s. Dreißig Jahre später baut Francis sein Schlagzeug bei Clouds Hill Recordings in Hamburg auf. Ein paar Stunden später nehmen wir den ersten Song auf. Wir entwerfen kein Konzept, wir sprechen nicht darüber, wir tun es einfach. Jeder von uns denkt seine eigenen Gedanken, aber wir machen nicht viel nach außen. Wir tasten uns einfach hinein.“
Dieses organische, intuitive Vorgehen ist beispielsweise in The Sun Won’t Shine On Me unverkennbar, das einnehmend wird, aber dabei nicht ohne Überraschungsmomente, Ecken und Kanten bleibt. Auch für das wunderschöne Liebeslied I’m More Inclined gilt das, ebenso für Back In The Day, dessen Entspanntheit sich nie in Langeweile zu verwandeln droht. Alle drei Songs sind Beiträge von Norman Blake, dem anderen Songwriter des Teenage Fanclub. „Wir haben uns im Studio sehr wohl miteinander gefühlt. Ich denke, dass das Spiel teilweise etwas freier und lockerer ist als auf den letzten Alben. Der gesamte Entstehungsprozess dieses Albums war sehr belebend. Jeder in der Band hat viel beigesteuert, und die Song-Arrangements kamen sehr schnell zusammen. Alles fühlte sich frisch an“, lautet sein Rückblick auf die Aufnahmen.
Auch Living With You mit seiner unwiderstehlichen Melodie und das kompakte Warm Embrace stammen aus seiner Feder, in dem das Schlagzeug des bereits erwähnten Francis Macdonald und der Bass von Dave McGowan für etwas mehr Druck sorgen. Der Titelsong Endless Arcade klingt rund um die Zeile „Don’t be afraid of this endless arcade that is life“ tatsächlich ermutigend und überrascht mit einem Keyboardsolo von Euros Childs. „Ich stelle mir eine endlose Arkade als eine Stadt vor, durch die man mit einem Gefühl des Geheimnisses wandern kann, eine imaginäre Stadt, die ewig weitergeht“, sagt Raymond McGinley. „Als es darum ging, einen Albumtitel zu wählen, schien er passend für diese Sammlung von Songs.“
Zu den Highlights, für die er als Autor gesorgt hat, gehört die Single Everything Is Falling Apart: So kann man sich Stoner Rock vorstellen, wenn man genug Trinkwasser und Sonnencreme für die Wüste dabei hat. In Our Dreams muss wahrscheinlich seine Geburtsurkunde vorlegen, um nachzuweisen, dass es nicht aus dem Jahr 1969 stammt. „Come with me / together we’ll hide from reality“, lautet die herrliche Einladung in Come With Me, verpackt in den Sound einer Tom-Petty-Ballade. Das getragene The Future ist vielleicht ihre Entsprechung von einem Blues, Silent Song beschließt die Endless Arcade mit einem Hauch von Psychedelik.
Oft funktioniert diese Platte so wie das Artwork, das Huw Evans alias H. Hawkline gestaltet hat: Es wirkt zunächst offensichtlich, lässt dann aber immer mehr Ebenen und Facetten erkennen. Es ist beinahe schlüssig, dass kein Song des Albums deutlich herausragt. Wenn etwas besonders besticht, dann die durchgehend hohe Qualität und Kreativität.