Künstler*in | Teleman | |
Album | Breakfast | |
Label | Moshi Moshi | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Manchmal ist eine Trennung gar nicht so schlimm. Als Thomas Sanders (Gitarre, Gesang), Jonny Sanders (Keyboards) und Pete Cattermoul (Bass) ein paar der Mitglieder ihrer bisherigen Band namens Pete & The Pirates verloren, kam ihnen dabei auch der Schlagzeuger abhanden. Sie versuchten sich fortan zunächst als Trio mit einem Drumcomputer und stellten fest, dass sie plötzlich viel mehr künstlerische Gestaltungsspielräume hatten. „Es war befreiend, weil die kleinere Besetzung auch eine interessante Dynamik möglich machte“, sagt Thomas Sanders.
Live erwies sich die Abwesenheit eines lebendigen Schlagzeugers dann auf Dauer doch als nachteilig, sodass sie eines Tages Hiro Amamiya von einer ihrer Vorbands abwarben. Damit waren Teleman komplett, und ihr eigenes Zustandekommen beschreibt die Band aus London dabei als „beinahe osmotisch“. Genauso leicht und natürlich gewannen sie Fans, beispielsweise durch Festival-Auftritte unter anderem in Glastonbury und beim Latitude im Sommer 2013 oder im Vorprogramm für Franz Ferdinand, Metronomy und Maximo Park.
Auch mit Suede war das Quartett bereits auf Tour, und deren Ex-Gitarrist Bernard Butler hat das 2014 veröffentlichte Debütalbum von Teleman auch produziert. Man hört diesen Einfluss etwa in 23 Floors Up, dem man ganz viel Songwriting-Klasse und durchaus auch -Erfahrung anmerkt, ebenso wie Elemente der immer etwas larmoyanten Eleganz von Suede. Auch den verloren wirkenden Spätabends-Weltschmerz (inklusive Saxofon-Solo) von Lady Low werden Fans von Butlers früherer Band wiedererkennen (auch wenn deren Frontmann Brett Anderson sicher niemals vor lauter Kummer mit offenen Schnürsenkeln herumgestolpert wäre, wie es hier im Songtext beschrieben wird – oder das zumindest nie zugegeben hätte). Den Beginn der Single Steam Train Girl könnte man beinahe ein „Riff“ nennen, auch wenn es minimalistisch bleibt wie man das etwa von den White Stripes kennt. Zwischendurch klingt das dann wie eine verschüchterte Variante von Glamrock.
Die zweite sehr wichtige Referenz für Breakfast sind Belle & Sebastian, deren Niedlichkeit und melodiöse Qualität immer wieder anklingen, etwa im Album-Auftakt Cristina: Nach der ersten Zeile „I’m coming back to where I started“ wirkt der Song zunächst zerbrechlich, gewinnt dann aber Vertrauen und Robustheit, durch das Schlagzeug ebenso wie durch den Harmoniegesang. Auch zu Redhead Saturday mit seinem sehr fantasievollen Arrangement zwischen fragil und opulent sowie zum schwungvollen Skeleton Dance passt dieser Vergleich, denn das Lied beweist: So Indie-schräg und Schrammel-niedlich diese Musik manchmal sein mag, so catchy und unmittelbar wirkungsvoll ist sie gelegentlich auch.
Bei In Your Fur ist die Prägung aus der Drumcomputer-Phase gut zu erkennen, auch das Keyboard scheint beinahe Spielzeug-Charakter zu haben, wodurch der Song eine große Unschuld und Frische bekommt. Der Travel Song als Abschluss von Breakfast scheint auch aus dieser Zeit zu stammen, neben den Drumcomputer-Ursprüngen sind hier auch Charme und Eigenständigkeit dieser Band wunderbar erkennbar. Das reduzierte Monday Morning unterstreicht, dass Teleman auch um den Wert der Monotonie wissen. „Eine ansprechend naive Qualität und gleichzeitig eine unfassbar erotische Essenz“, hat der Guardian in ihrer Musik erkannt, und das ist leicht nachzuvollziehen.
Zum Reiz der Songs auf Breakfast tragen auch die Texte von Thomas Sanders bei, wie beispielsweise Mainline zeigt, das eine beträchtliche Lässigkeit und eine große, unterschwellige Kraft demonstriert, inklusive Fantasien von Affären und brennenden Ozeanen. „Es ist teilweise wie Visionen aus einem Traum“, erklärt Sanders. „Ich liebe einfach starke Bilder. Wenn man den Text hört, soll man sofort die Bilder vor sich sehen.“
Viele der Texte beruhen auf persönlichen Erfahrungen, aber ein großer Teil ist auch eine Erzählung und ein großer Teil ist Fiktion. Ich mag Doppelbedeutungen oder andere Interpretationen sehr. Ich bin absichtlich zweideutig“, sagt Thomas Sanders. „Manchmal schreibt man einen Song und denkt jahrelang nicht mehr über den Text nach, bis einen jemand fragt, wovon er handelt. Ich höre mir gerne die Interpretationen anderer Leute an. Wenn es das ist, was sie verstanden haben, dann ist das eine Bedeutung an sich. Genauso, wie wenn man ein Gemälde betrachtet und etwas sieht: Was man da erkennt, ist definitiv real für einen.“