Ein seltsamer Ausdruck ist das. You and me and the devil makes three. Man sagt das, wenn man den Eindruck hat, einen Geistesverwandten gefunden zu haben, mit dem man es mal (in welcher Hinsicht auch immer) richtig krachen lassen möchte. Eine sehr amerikanische Redensart, die irgendetwas zwischen Pech und Schwefel, Kerbholz und gemeinsamem Pferdestehlen zum Ausdruck bringt.
Das Konzert von The Devil Makes Three an diesem Abend im Conne Island zeigt: Der Name passt wunderbar für diese Band. Denn die Kalifornier sind zu dritt, halten zusammen wie Pech und Schwefel (anders lassen sich ausgedehnte Tourneen wie zuletzt mit Willie Nelson und Alison Krauss, derzeit auf eigene Faust durch Europa und demnächst mit The Old Crow Medicine Show durch die USA wohl kaum überstehen) und haben einiges auf dem Kerbholz (Sänger Pete Bernhard widmet gegen Ende der Show einen Song all den Gehirnzellen, denen er als Teenager mittels Drogen und Alkohol den Garaus gemacht hat).
Und die Sache mit den Pferden? Zumindest macht der eine oder andere im Leipziger Publikum den Eindruck, er wäre am liebsten hoch zu Ross zu diesem Konzert gekommen, denn der Sound von The Devil Makes Three ist Country. Allerdings solcher mit etwas Punk-Attitüde (beispielsweise die Dropkick Murphys könnte man als Bezugspunkt heranziehen) und viel Rockabilly-Flair (Frontmann Pete Bernhard sieht ein wenig aus wie eine Teddy-Boy-Variante von How I Met Your Mother-Star Neil Patrick Harris).
Er stellt allerdings auch klar, dass die Band mit einer Mainstream-Variante von Country nichts zu tun haben will. „This is no authentic country and western music experience at all”, warnt er zu Beginn des Konzerts all jene, die im Conne Island womöglich idyllisch-seichte Liedchen à la Carrie Underwood oder Luke Bryan erwarten könnten. „Some of the dirtiest music ever“, nennt Bernhard solche Klänge. Seine eigene Band bevorzugt eine deutlich lautere, rohere und authentischere Variante mit Bluegrass-Schwerpunkt.
Entsprechend sieht das Publikum in Leipzig aus: Es gibt ein Mädchen mit Blume im Haar, es gibt Männer mit Jeanshemd und Vokuhila, die als perfekte Verkörperung des Begriffs „Hinterwäldler“ durchgehen könnten, es gibt Punks und Pärchen, es gibt Menschen, die tatsächlich Cowboyhüte tragen (okay, das trifft nur auf die beiden Typen aus der seltsamen Vorband The Black Harlekin zu) und mehr Tattoos pro Quadratdezimeter Haut als in einer durchschnittlichen Bundesliga-Umkleidekabine.
Was sie alle hierher gelockt hat, wird schnell klar: Beneath The Piano ist ein feuriger Auftakt, als zwei Lieder später bei The Bullet erstmals das Banjo von Cooper McBean erklingt, herrscht im Conne Island fortan die totale Glückseligkeit. Graveyard ist gegen Ende der Show einer von vielen Songs, in denen es Szenenapplaus gibt. 40 Days, 40 Nights wird erstaunlich sinnlich. Unter anderem bei The Johnson Family lassen sich The Devil Makes Three von Geige und Cello verstärken und wachsen so zum Quintett.
Kurz vor Ende der Show gibt es einen kleinen Durchhänger im Spannungsbogen, doch die Highlights (wie Uncle Harvey’s Plane mit einem irren Monolog von Cooper McBean über die grundsätzliche Fluguntauglichkeit des Menschen) überwiegen und spätestens mit Aces And Twos, das umwerfend rasant wird, und dem großartigen Do Wrong Right kriegt die Band wieder die Kurve.
Zur feuchtfröhlichen Atmosphäre tragen auch die Ansagen bei. Pete Bernhard scheint allerdings nicht so ganz genau zu wissen, wie die Stadt heißt, in der er gerade spielt (vielleicht ist die Nicht-Erwähnung von Leipzig allerdings auch eine sehr geschickte Anspielung auf den aktuellen Album-Titel I’m A Stranger Here). „It’s our first time in your town“, weiß er immerhin zu berichten, zeigt sich dann schwer beeindruckt von der feuchtfröhlichen Ausgelassenheit im Conne Island und schwärmt ausgiebig von der deutschen Küche (was daran liegen könnte, dass die Band gerade aus England kommt).
Auch als nicht Bluegrass-Fan kann man dazu eine sehr gute Zeit haben und ein paar erstaunliche Erkenntnisse gewinnen. Erstens: Man kann niemals uncool sein, wenn man einen Kontrabass spielt (auch wenn es die meisten Leute nicht annähernd so cool hinbekommen dürften wie Lucia Turino, die das Trio komplettiert). Zweitens: Man kann niemals uncool sein, wenn man ein Banjo spielt. Drittens: Es kann tatsächlich Lieder geben, in denen man hofft, es würde vielleicht noch ein zweites Geigensolo erklingen.
Die wichtigste Lehre bei The Devil Makes Three lautet allerdings: Man braucht kein gottverdammtes Schlagzeug, um die Leute zum Tanzen zu bringen. Im Conne Island gibt es an diesem Abend unter anderem Schunkeln und Pogo zu sehen, Paartanz inklusive Pirouetten und immer wieder ein unkoordiniertes Hüpfen. Es ist wohl die pure Freude am Rhythmus, die sich darin Bahn bricht, der Drang nach Ausbrechen, die Lust auf Bewegung. Der Teufel dürfte seine Freude daran haben.