Künstler | The Gaslight Anthem | |
EP | iTunes Sessions | |
Label | SideOneDummy | |
Erscheinungsjahr | 2011 | |
Bewertung |
Man kann The Gaslight Anthem eine Menge vorwerfen (an erster Stelle die Tatsache, dass Frontmann Brian Fallon auf einen Blödsinn wie Kreationsimus hereinfällt). Aber fleißig, das lässt sich nicht bestreiten, ist die Band aus New Jersey. Ihre iTunes Sessions nahmen sie am 25. Juli 2011 in New York auf, also zwischen den Erfolgsalben American Slang und Handwritten. Im selben Jahr erschien auch noch die LP Elsie vom Nebenprojekt The Horrible Crowes, nicht zuletzt spielten The Gaslight Anthem natürlich reichlich Konzerte.
Vor allem Letzteres hört man der EP deutlich an. Die sieben Songs (produziert von Jason Marcucci) wurden live eingespielt, wirken aber wie eine Studioaufnahme. So gut in Schuss ist das Quartett, dass hier nicht nur reichlich Energie rüberkommt, sondern wirklich jedes Rädchen ineinander greift. Vielleicht am spektakulärsten ist in dieser Hinsicht der Auftakt Baba O’Riley. Sie spielen das Stück etwas kerniger und damit auch etwas weniger filigran als das Original von The Who, erstaunlich ist aber vor allem, wie sie mit nur vier Leuten diesen opulenten Sound hinbekommen. Vielleicht hilft auch da das fleißige Training: The Gaslight Anthem haben das Lied unter anderem schon bei einem The-Who-Tribut-Konzert ein Jahr zuvor in der Carnegie Hall gespielt, auch danach bei einigen Konzerten. Mit Refugee (von Tom Petty, dessen American Girl und You Got Lucky sie ebenfalls schon gecovert haben) folgt eine weitere Adaption. In diesem Fall gehen The Gaslight Anthem etwas nachlässiger mit der Vorlage um, was das Lied allerdings gut verträgt.
Später folgen zwei weitere Coverversionen: State Of Love And Trust (1992 von Pearl Jam auf dem Soundtrack zum Kinofilm Singles veröffentlicht) spielen sie mit viel Leidenschaft, aber es bleibt schwer, diese Aufnahme zwingend notwendig zu finden. Als vollkommen überflüssig kann House Of The Rising Sun gelten. Als eigenen Beitrag zu einem der meistgecoverten Lieder aller Zeiten packen The Gaslight Anthem lediglich ein paar Effekte drüber, es gibt außerdem ein angeberisches Schlagzeug und einen so sehr mit seiner Kratzigkeit prahlenden Gesang, dass es am Ende schon peinlich wird.
Mit dieser Songauswahl für die iTunes Sessions stellt sich die Band natürlich in eine denkbar ruhmreiche Ahnenreihe. Das ist zwar durchaus passend, schließlich darf man The Gaslight Anthem schon immer als ultimative Traditionalisten betrachten. Es hat aber auch seine Tücken, nämlich dann, wenn das eigene Material mit den großen Vorbildern nicht mithalten kann. Dieser Effekt lässt sich in den drei Eigenkompositionen tatsächlich ausmachen. The Navesink Banks (das nur in der Pre-Order-Version der EP enthalten ist) bleibt recht nahe an der bekannten Aufnahme vom Debütalbum Sink Or Swim und kommt noch am besten weg. Deutlich stärker bearbeitet wird Boxer, auch in der im Vergleich zur Album-Aufnahme reduzierten Version, die man hier findet, verliert das Stück wenig von seiner Kraft, weil der größte Teil davon ohnehin in seinem Gesang steckt. Der Schwachpunkt der iTunes Sessions ist ausgerechnet das Lied, das für Fans wahrscheinlich am spannendsten ist: Our Father’s Sons, das während der Sessions für The ’59 Sound entstand, war bis dahin unveröffentlicht. Es zeigt, nicht nur gegenüber den Vorlagen für die Coverversionen, sondern auch gegenüber den hier vertretenen Eigenkompositionen, allerdings einen deutlich Qualitätsabfall, nicht beim Herzblut, aber in der Komposition.
Fazit: Für Komplettisten notwendig, für Fans akzeptabel, für alle anderen verzichtbar.