The Get Up Kids – „Kicker“

Künstler The Get Up Kids

Get Up Kids Kicker Review Kritik
Mit „Kicker“ setzen die Get Up Kids die Tradition ihrer großartigen EPs fort.
Album Kicker
Label Big Scary Monsters
Erscheinungsjahr 2018
Bewertung

Ganz kurz muss man sich um die Get Up Kids sorgen. Matt Pryor (Gitarre/Gesang), Jim Suptic (Gitarre/Gesang), Rob Pope (Bass), Ryan Pope (Schlagzeug) und James Dewees (Keyboard), die seit 1995 die beste Emo-Band der Welt und mittlerweile alle über 40 sind, beginnen ihre erste Veröffentlichung seit dem 2011er Album There Are Rules mit einem Lied namens Maybe. Wir hören Gitarrenfeedback und peitschende Drums, all das verkündet: Wir sind wieder da und wir haben noch Power! Aber gerade diese Botschaft wirkt verkrampft, auch der Refrain klingt etwas gezwungen nach „punching the air“.

Zum Ende findet das Lied aber doch noch die nötige Selbstverständlichkeit, die Sorge, das Quintett aus Kansas City habe sich in die Try Hard Dads verwandelt, löst sich in Luft auf. Schon das letzte Drittel des Songs ist so großartig wie alles, was dann auf Kicker noch folgt (der Titel ist eine Referenz an die gemeinsame Tischfußball-Leidenschaft der Band, das EP-Format hat bei den Get Up Kids natürlich Tradition, wie etwa die wegweisenden Veröffentlichungen Woodson oder Red Letter Day aus der zweiten Hälfte der 1990er Jahre belegen).

Von der Lebenserfahrung von insgesamt mehr als 200 Jahren profitiert die morgen erscheinende EP letztlich sogar deutlich. „Man schaut ja gerne mit der rosaroten Brille in die Vergangenheit. Aber dann erinnere ich mich wieder daran, dass wir als Band oft ins Schwanken gekommen sind und zum Beispiel unsere private CD-Sammlung verkaufen mussten, um die Miete rechtzeitig zahlen zu können. Das hat damals wirklich extrem genervt. Doch letztendlich war es eine unglaublich tolle Zeit, in der wir unendlich viel Spaß hatten“, sagt etwa Jim Suptic – und diese Mischung aus Dankbarkeit, noch zusammen zu sein, aus Fehlern lernen zu dürfen und weiterhin Lust zu haben auf das, was da noch kommt, bringt den Sound der Get Up Kids anno 2018 gut auf den Punkt.

I’m Sorry ist der beste der vier neuen Songs, die im Fire and Ice Studio in Baldwin, Kansas aufgenommen wurden. Es hat nicht nur viel Feuer, Eingängigkeit, Tempo und Rotzigkeit, sondern auch eine putzige Orgel von James Dewees und nicht zuletzt den stärksten Refrain der EP mit der erstaunlich niedlichen (und wunderbar menschlichen) Botschaft: Es tut mir leid, dass ich nicht bei deiner Geburtstagsfeier war. My Own Reflection stellt fest, dass alles scheiße ist, aber es ja nichts nützt, darüber zu jammern – in der Musik dazu erlauben sich die Get Up Kids etwas mehr Komplexität als in den übrigen Tracks.

„Die meisten unserer Songs, die in den ersten Jahren entstanden sind, waren aus der Sicht junger Menschen und über deren Beziehungen geschrieben. Das ist wahrscheinlich ein Teil unseres Lebens, den wir jetzt immer noch durchleben“, hat Matt Pryor als verbindendes Element zwischen den Anfangstagen und Heute erkannt. Wie das gemeint ist (und wie famos das klingen kann), zeigt nicht zuletzt Better This Way. Mit viel Frische, Überzeugung und Klasse blicken die Get Up Kids darin auf die Widrigkeiten des Lebens und die Erkenntnis, dass sie etwas erträglicher werden, wenn man einander beisteht.

Auch das Video zu Better This Way feiert den Tischfußball.

Website der Get Up Kids.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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