The Hours

Film The Hours

The Hours Review Kritik
Nicole Kidman wurde für ihre Rolle als Virginia Woolf mit dem Oscar ausgezeichnet.
Produktionsland USA
Jahr 2002
Spielzeit 114 Minuten
Regie Stephen Daldry
Hauptdarsteller Nicole Kidman, Julianne Moore, Meryl Streep, Stephen Dillane, Miranda Richardson, Ed Harris
Bewertung

Worum geht’s?

Der Film stellt drei Frauen auf drei Zeitebenen in den Mittelpunkt, sie werden jeweils einen Tag lang begleitet. Im Jahr 1923 beginnt Virginia Woolf mit der Arbeit an ihrem Roman Mrs. Dalloway. Sie ist depressiv, bei schlechter Gesundheit und immer wieder im Kampf mit ihrem Ehemann und ihren Ärzten. 1951 liest Laura das Buch in einer US-Vorstadt. Eigentlich will sie den Geburtstag ihres Mannes vorbereiten, doch die Lektüre verweist sie immer wieder auf ihre eigene Unzufriedenheit, ihre heimliche Liebe zu ihrer Nachbarin und ihre Unsicherheit im Umgang mit ihrem Sohn. Noch einmal 50 Jahre später erleben wir die Lektorin Clarissa in New York. Sie organisiert eine Feier für ihre Jugendliebe Richard, der mit einem Literaturpreis ausgezeichnet werden soll. So stressig sie ihren Alltag empfindet, so trivial ist ihr Leben in den Augen des schwerkranken Richard, der in Clarissa eine Wiedergängerin der Romanfigur erkennt und ihr deshalb den Spitznahmen Mrs. Dalloway gegeben hat.

Das sagt shitesite:

Die Idee, einen fast 80 Jahre alten Roman als verbindendes Element für die Geschichte dreier Frauen zu nehmen, und die erzählte Zeit auf jeweils einen Tag in drei verschiedenen Epochen zu beschränken, wirkt zunächst reichlich gestelzt und formalistisch. Doch The Hours ist keineswegs konstruiert oder bloß darauf aus, ein paar handwerkliche Feinheiten für Freunde des Feuilletons zu präsentieren. Dank einer klugen Erzählstruktur und starker Schauspielerinnen entsteht ein beeindruckender, lebendiger, nicht zuletzt aktueller Blick auf die Wirkung von Literatur, vor allem aber auf den Kampf des weiblichen Geschlechts um Selbstbestimmtheit.

Es dauert eine Weile, bis die Verknüpfung zwischen den Zeitebenen und Figuren klar wird. Was Virginia, Laura und Clarissa gemeinsam haben, ist dann aber überdeutlich: Sie kämpfen mit Zwängen, Erwartungshaltungen und Konventionen, sie spüren sehr genau den prüfenden der Blick der anderen auf sich, sei es von Freunden, Männern oder den eigenen Kindern, und sie können sich wegen genau dieser Umstände nicht selbst verwirklichen. „Mein Leben wurde mir gestohlen“, sagt Virgina Woolf an einer Stelle, und damit ist längst nicht nur gemeint, dass sie in der Obhut von Ärzten und zum Wohle ihrer Gesundheit zum Leben auf dem Land statt im quirligen London verdammt ist. Sie weiß, dass ein Teil dieses Diebstahls schon bei ihrer Geburt geschah, konfiguriert durch ihr Geschlecht.

Die Ahnung, welche Möglichkeiten, Abenteuer und Freiheiten sich bieten würden, wenn sie nicht in der traditionellen Rolle der Frau gefangen wären, teilt sie mit Laura und Clarissa. Der bürgerliche Alltag als Mutter und Ehefrau (eine erstaunlich große Nebenrolle spielen in The Hours die Verpflichtungen rund um Kochen, Backen und Essen) kommt ihnen vor wie ein sediertes, verstümmeltes Leben, auch deshalb steckt in jeder von ihnen eine ausgeprägte Todessehnsucht. Zugleich opfern sie sich auf, wodurch eine weitere Verbindung zwischen den Figuren entsteht: Virginia für den ebenfalls literarisch tätigen Ehemann und seinen Wunsch, den schönen Schein zu wahren, Laura für ihren Mann und vor allem für ihren Sohn, Clarissa für ihren Aids-kranken Freund.

Die Literatur (ob als Autorin, Leserin oder Vermittlerin) wird für sie alle zur Fluchtmöglichkeit, die aber dennoch nicht als Erfüllung überzeichnet wird. Der Poet „muss sterben, damit wir anderen des Leben wieder mehr zu schätzen wissen“, sagt Virginia Woolf gegen Ende. Auch das ist eine Stärke von The Hours: Inmitten von Frustration, Routine und Entfremdung verweist der Film immer wieder auch auf Momente des Glücks – auf die Schwierigkeit, sie zu erleben, und die Schwierigkeit, sie dann auch zu erkennen.

Bestes Zitat:

„Der Tod ist eine Möglichkeit.“

Der komplette Film.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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