The Sonder Bombs – „Clothbound“

Künstler The Sonder Bombs

The Sonder Bombs Clothbound Review Kritik
Das zweite Album der Sonder Bombs klingt kraftvoll, clever und bedeutend.
Album Clothbound
Label Big Scary Monsters
Erscheinungsjahr 2021
Bewertung

Das wichtigste Werkzeug für einen Modern Female Rockstar (so hieß 2018 das Debüt von The Sonder Bombs) ist eine Ukulele. Das könnte man zumindest vermuten angesichts der Musik des Quartetts aus Cleveland, auch auf dem heute erscheinenden zweiten Album Clothbound.

Die Ukulele ist schließlich das erste Instrument, das man im Opener Papillon hören kann, bevor der Rest der Band einsetzt und sich nach und nach immer mehr Eifer, Gefühl, Größe und schließlich mit dem Schlussteil auch eine nicht zu leugnende Kraft entwickeln. Es gibt etliche Lieder auf dieser Platte wie beispielsweise Swing On Sight, die ahnen lassen, dass sie wahrscheinlich auf der Bettkante (und der Ukulele oder akustischen Gitarre) entstanden sind, bevor sie im Bandkontext mehr Muskeln und Dimensionen bekommen haben. In diesem Fall wird aus der Ursprungsidee rund um die Zeile „I know things about you that I can’t unlearn know“ ein ausgewachsener und sehr facettenreicher Hulk.

Allerdings wussten The Sonder Bombs schon beim Erstling: U(ke) Ain’t Enough (so hieß damals ein Song), und deshalb reichern sie die zehn in Philadelphia während der Quarantäne mit Joe Reinhart (Hop Along, Beach Bunny) aufgenommenen Songs glücklicherweise und sehr gekonnt um reichlich weitere Ideen an. Ein wichtiges Motiv auf Clothbound ist es, Dinge (und Menschen) hinter sich zu lassen, manchmal gegen den eigenen Willen, noch öfter aber, weil es sich nicht lohnt, an ihnen festzuhalten. Diesen Willen, den nächsten Schritt zu machen, hört man auch dem Album an. Scattered wird eine weitgehend akustisch geprägte Ballade, die man sich von den Cranberries vorstellen könnte, noch beschaulicher geht es in The One About You zu, das in seine nicht einmal zwei Minuten sogar Streicher und Bläser integriert.

Noch besser sind Sängerin Willow Hawks und ihre Mitstreiter aber, wenn sie Gas geben wie in The Brink, dessen schnelles Schlagzeug alles vor sich hertreibt. Der erste Teil von K. klingt wie Kate Nash ohne Klavier, der zweite Teil so, als hätte sie zusätzlich eine spontane Vorliebe für Hardcore entwickelt. Play It By Fear fügt als Schlusspunkt der Platte alle Stärken der Sonder Bombs zusammen und klingt schmissig, eingängig und bedeutend.

Vegas, BABYYY!!! paart die Coolness von The Long Blondes oder Elastica mit einem Übermaß aus strahlenden Melodien, wie man sie bei den Pipettes oder Bangles finden konnte. Auch What Are Friends For ist zugleich niedlich und zupackend, diese Kombination kennt man auch von den Muncie Girls, zu denen man hier in etlichen Tracks eine Geistesverwandtschaft erkennen kann. Crying Is Cool zeigt die Weiterentwicklung der Band vielleicht am deutlichsten: Es propagiert eine Sensibilität, über die The Sonder Bombs selbst offensichtlich im Übermaß verfügen. Der Wert von Trost, Verständnis und Beistand wird hier nicht nur angedeutet, sondern dem Publikum in aller Deutlichkeit ins Pflichtenheft geschrieben – und all das klingt auch noch glamourös und clever.

Crying Is Cool, und Sonnenblumen im Video sind es auch.

The Sonder Bombs bei Bandcamp.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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Ein Gedanke zu “The Sonder Bombs – „Clothbound“

  1. Das Album hat mir sehr gefallen. Ist auf jeden Fall in verschiedenen Playlists aufgegangen. Danke für den Tipp.

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