Künstler | The Wave Pictures | |
Album | Bamboo Diner In The Rain | |
Label | Moshi Moshi | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
„Heutzutage mögen die Kids ja Musik, die von Maschinen gemacht wird, auch wenn sie nicht so klingt. Die Kids scheinen keine Angst vor den Maschinen zu haben, anders als ich, der ich in jungen Jahren so schwer von den ersten beiden Terminator-Filmen traumatisiert wurde. Deshalb schalten sie so gerne ihre Computer an und hören Robotern beim Singen zu. Nun, eines Tages werden diese Roboter sich erheben und uns alle töten. Deshalb, liebe Kids, hört lieber The Wave Pictures. Die Band, die eines Tages den Soundtrack zum Widerstand liefern werden.“
Das sagt Dave Tattersal, Frontmann und Songschreiber von The Wave Pictures aus London. Die Technikaversion des Trios scheint allerdings nicht absolut zu sein, denn auf Bamboo Diner In The Rain spielt ein Staubsauger eine sehr wichtige Rolle. Now I Want To Hoover My Brain Clean heißt das zweite Stück der Platte. Was darin zum Unrat geworden ist, ist die weiterhin sehr präsente Erinnerung an eine Liebe, und diese Metapher dafür ist natürlich großartig. Das findet die Band offensichtlich selbst auch, denn im Album-Abschluss The Running Man wird die Sehnsucht nach dem Staubsauger nach einmal artikuliert, diesmal nicht zu einem Blues-Riff, sondern zu einem fiebrigen Stoner Rock. Der Grund ist derselbe: „I am a running man / and I’m running from you“, singt Tattersal.
Natürlich ist die Musik bei einem Zitat wie dem eingangs erwähnten und Vorbildern wie John Lee Hooker, Canned Heat, Link Wray oder Rory Gallagher sehr retro, sehr analog und mit sehr vielen Gitarrensoli versehen. Der Opener Panama Hat verweist auf dieses Gefühl, nicht in die Zeit zu passen, nicht nur im Sound (der aus den späten Sixties kommt), sondern auch mit der Zeile „I was a prophet with no country.“ H.D. Rider wirkt, als würde es gerade erst entstehen und trotzdem sehr alt, es klingt stoisch und spontan wie die endlos langen Lieder, bei denen Bob Dylan seinen Musikern vorher nicht verraten hat, wie viele Strophen es gibt. Newcastle Rain wird psychedelisch und dabei durchaus energisch, in Hot Little Hand dreht sich alles um den Treueschwur „I hold on tight to your hot little hand“ – und bald erkennt man, dass der Erzähler diese Hand auch hält, weil er selber Orientierung sucht.
The Wave Pictures haben vor Bamboo Diner In The Rain mit Billy Childish zusammengearbeitet und die Quasi-Unplugged-Platte A Season In Hull aufgenommen. An Letztere erinnert der Bamboo Diner Rag als hübsches, akustisches Instrumental, für das es später mit Meeting Simon At The Airport noch eine ebenso verträumte Entsprechung gibt. Der Titelsong vereint schließlich den akustischen mit dem sonst bei ihnen üblichen Sound, den Dave Tattersall so umschreibt: “Dieses Album spielt im Bamboo Diner meiner Träume, in dem Regen gegen die Fenster prasselt und wo es eine Jukebox gibt, die mit Blues vollgestapft ist.“
Was er mit seinen Mitstreitern Jonny Helm (Schlagzeug) und Franic Rozycki (Bass) anstellt, ist ein großes Vergnügen bei weitem nicht nur für die Freunde von Reinigungsgeräten und 60 Jahre alter Musik. Pool Hall klingt, als sei Country verrückt geworden. Man kann, darin und auch in anderen Songs auf Bamboo Diner In The Rain, Tom Waits entdecken, auch einige Spuren der Eels oder die Nähe zum Wahnsinn bei Nick Cave & The Bad Seeds. Das letzte Wort soll noch einmal der Sänger haben, denn es fasst diese Platte wunderbar zusammen: „Wir haben unser Bestes versucht, eine Brücke zu bauen zwischen der Musik, die wir lieben, und den Menschen, die wir nun einmal sind. Wir haben versucht, ein bisschen vom menschlichen Geist auf Band zu bannen. Du könntest sagen, dass wir fehlgeleitet sind, und in gewisser Hinsicht hättest du vielleicht Recht. Aber andererseits: Wir haben es mit Liebe getan.“