Künstler | Tim Holehouse | |
Album | Come | |
Label | Aaahh!!! Real Records | |
Erscheinungsjahr | 2019 | |
Bewertung |
„Sometimes I don’t want to work“ gesteht Tim Holehouse in Placid Lake, dem vorletzten Lied auf dieser Platte. Man kann ihm nicht unbedingt Faulheit vorwerfen: Der in Dorchester geborene Singer-Songwriter hat es immerhin zu einem Hochschulabschluss in Musik gebracht. Stolze 22 Alben, die er seit 2005 gemacht hat, listet seine Homepage, dazu kommen 25 EPs.
Mehr Fleiß hätte an einigen Stellen von Come dennoch gut getan. Oder anders gesagt: etwas mehr Qualitätskontrolle. Wer als Musiker pro Jahr im Schnitt rund drei Veröffentlichungen raushaut, der ist entweder mit einer sagenhaften Kreativität und Inspiration gesegnet oder einfach der Meinung, alles, was er zustande bringt, sei es wert, auch ein Publikum zu finden. Dass Tim Holehouse klar in die zweite Kategorie gehört, zeigt Come sehr deutlich.
Die Lieder sind über einen Zeitraum von fünf Jahren entstanden, aufgenommen wurden sie im August 2017. Im Unterschied zum Delta Blues, der normalerweise sein Metier ist, wollte er diesmal mehr auf „Alternative Country“ setzen, was man am deutlichsten in Prince Of The Palace hört, einer Verneigung vor Bonnie „Prince“ Billy, die bedrohlich und schwer klingt. Auch andere Vorbilder sind nicht schwer auszumachen: Es gibt in diesen Liedern ein paar Spuren von Nick Drake (etwa im schönen Arrangement von I’m Not Icarus oder der seligen Traumsequenz von Sleep), aber ohne dessen Klasse in Melodie, Lyrik und Atmosphäre. Auch Nick Cave klingt gelegentlich an, aber ohne dessen Ernsthaftigkeit und Intelligenz. Das zeigt etwa One Day At A Time. „I’m living my life / one day at a time“, heißt die zentrale (und insgesamt elf Mal wiederholte) Zeile darin – und es klingt, als wisse Tim Holehouse um die Richtigkeit dieses Prinzips, müsse sich aber weiterhin noch davon überzeugen.
Seine Texte wollen tiefgründig sein, wirken aber oft spontan und assoziativ. 24 Hours ist ein Beispiel dafür: Chor und Schlagzeug wollen animieren (Drummer Rick Blakelock, der auf Come ebenso unterstützt wie ein Streichertrio, spielt sonst in der Black-Metal-Band A Forest Of Stars), aber inhaltlich ist das zu belanglos, um wirklich Identifikation zu ermöglichen. Aveiro besingt mit heiterem Sound den Aufenthalt im gleichnamigen Ort in Portugal. Er wird nicht als Idyll gezeichnet, aber als ein Zufluchtsort, an dem man es sehr gut aushalten kann – was genau jenseits von ein paar Banalitäten wie „nette Leute, schönes Wetter und gute Kneipen“ daran so besonders war, dass man ein Lied darüber machen muss, bleibt indes unklar.
Numbers Game vereint als Auftakt der Platte eine Schrammelgitarre mit trägem Schlagzeug und später dem von Florence Fawcette gespielten Cello und dem Background-Gesang von Katie Stone. Die Aussage von Tim Holehouse ist auch hier bloß pseudo-philosophisch: Reue und Bedauern bringen nicht viel; tröstlich am Leben ist einzig, dass die anderen Menschen auch alle ihre Probleme haben. London setzt den Schlusspunkt des Albums und verweist ebenfalls auf das Grundproblem von Come: Da steckt nur ein halber Gedanke drin, und in Kombination mit der pompösen Dramaturgie des Arrangements (von skizzenhaft über Feedback-geschwängert hin zu einem großen Finale) wirkt das vor allem egozentrisch.