Autor | Gabriel García Márquez |
Titel | Dieselbe Geschichte, nur anders |
Verlag | Kiwi |
Erscheinungsjahr | 1995 |
Bewertung | *** |
Dass sich in Bibliotheken, Verlagen und auf Buchmesse ein paar irre Gestalten tummeln, ist sicher keine Neuigkeit. Aber wie besonders der sogenannte Literaturbetrieb wirklich ist, macht dieses kleine Büchlein wunderbar deutlich. Denn dies ist ein Buch über Bücher. Mehr noch: Ein Buch über ein Buch, das verschwunden schien.
Es geht um folgendes: Als er noch kein Nobelpreisträger war, sondern nur ein kleiner Vertreter, kam dem Fließbandleser Gabriel García Márquez eine Kriminalgeschichte in die Finger, in der ein Mann fünf Tage lang durch Paris gejagt wird. Erst später merkte er, wie sehr sie ihn beeindruckt hatte. Doch da wusste er schon nicht mehr, wie sie hieß und wie der Autor war.
Erst 44 Jahre später fand er sie wieder. Als er sie endlich in den Händen hatte und, wie er selbst sagt, noch im Stehen las, merkte er allerdings, dass sie ganz anders war als er sie im Gedächtnis hatte. Sein „Dieselbe Geschichte nur anders“ erzählt von der Suche nach dem verloren Buch.
Es ist eine nette Anekdote zu verpassten Chancen und den Streichen, die das Unterbewusstsein und unser eigener Wille zur Wahrnehmung der Realität spielen. Und damit der Leser auch wirklich bescheid weiß, gibt es die Geschichte danach auch noch. „Der Mann auf der Straße“ von Georges Simenon ist ein wunderbares Beispiel für dessen knappen, konzisen, ultrakompakten Stil.
An eine Geschichte von Apollinaire, die im selben Sammelband war wie die von ihm jahrelang gesuchte Erzählung, konnte sich García Márquez auch noch erinnern. „Der Matrose von Amsterdam“ ist deshalb auch dabei. Und durchaus geistesverwandt mit Simenons Streich.
Beste Stelle: „Ein Beweis mehr, wie das Leben den Kern einer Geschichte und unsere Art zu lieben verändern kann, nur um die mitfühlende Leichtigkeit des Gedächtnisses Lügen zu strafen und zu korrigieren.“