Künstler*in | Water From Your Eyes | |
Album | Structure | |
Label | Wharf Cat | |
Erscheinungsjahr | 2021 | |
Bewertung |
„Man sollte in keinem Moment den wichtigen Hinweis vergessen, dass dies Kiffermusik ist“, sagt Nate Amos über Structure, das zweite Album von Water From Your Eyes. „Es gab keinen einzigen Schritt im Entstehungsprozess, vor dem nicht ein Joint geraucht wurde, von der Aufnahme über das Schneiden bis hin zum Mix.“
Es hätte dieser Erklärung nicht unbedingt bedarft, denn Amos (solo als This Is Lorelei aktiv) und Rachel Brown (sie musiziert sonst als Thanks For Coming) klingen auch auf ihrer zweiten Zusammenarbeit nach dem Debüt Somebody Else’s Song (2019) so schräg und eigenwillig, dass die Musik des Duos aus New York manchmal wie nicht von dieser Welt wirkt – jedenfalls nicht von jemandem, der diese Welt nur im nüchternen Zustand bewohnt. Dass Water From Your Eyes als wichtigen Einfluss für diese Platte unter anderem den Maler (!) Mark Rothko benennen und dass es mit Quotations und You’re The Watching Fly zwei Gedichte gibt, die hier vorgelesen werden, ist bezeichnend für die Abenteuerlust auf diesem Album.
Zum abseitigen Humor des Duos, den man auf Structure immer wieder finden kann, gehört auch, dass es noch einen zweiten Track namens Quotations gibt, dessen Titel sich von der erwähnten Gedichtrezitation bloß durch Anführungszeichen (engl. „quotation marks“, jaja) unterscheidet und zugleich die Vorab-Single ist. „Quotations“ wird hypnotisch, betörend, geheimnisvoll und das Highlight der Platte.
Auch jenseits davon gibt es sehr viele interessante Momente, indes gelingt es Water From Your Eyes nicht immer, daraus auch rundum überzeugende Songs zu machen. When You’re Around (das Stück war ursprünglich für einen Film gedacht, der dann nie gedreht wurde) setzt auf eine George Harrison-Gitarre, Gesang in der Nähe von Courtney Barnett und eine sehr wohlige Atmosphäre, Monday (das Stück ist wiederum als Song für einen Film konzipiert, den es gar nicht gibt) wirkt schwermütig, geisterhaft, langsam und sphärisch wie ein Valium-Ballett.
Das fast sieben Minuten lange My Love’s besteht aus Klopfen, Knarzen, Brummen, Rauschen, geisterhaften Synthie-Streichern und einem Gesang, der eher Spoken Word ist. You’re The Embers wartet mit Aggressivität und verstörenden Industrial-Elementen auf, im Kontrast dazu steht der fast mädchenhaft-harmlose Gesang – und dieser Gegensatz hält tatsächlich für mehr als sieben Minuten die Spannung hoch. Auch im Track Five setzt das seit 2016 gemeinsam aktive Duo auf eine ähnliche Reibung: Die Musik ist maximal fies, der Gesang maximal einnehmend. Tanzbarkeit, Vorwärtsdrang und Aufgekratztheit treffen auf besänftigende Passagen, das alles klingt sehr nach Zukunft und zugleich sehr ungemütlich.
„Es ist, als würde man ein Puzzle lösen wollen, bei dem es eine Tonne unterschiedlicher Antworten gibt“, sagt Rachel über das Wesen der Musik auf Structure. Eine noch bessere Charakterisierung findet sich nur im Pressetext. Demnach liefern Water From Your Eyes „ein Konzeptalbum ab, das sich über die Idee von Konzeptalben lustig macht“.