Künstler*in | We Were Promised Jetpacks | |
EP | A Complete One-Eighty | |
Label | Big Scary Monsters | |
Erscheinungsjahr | 2022 | |
Bewertung | Foto oben: (C) Fleet Union / Euan Robertson |
Bei Apps ist so etwas ja ganz normal: Man bringt eine Software auf den Markt, und dann entwickelt man sie weiter. Es kommen neue Features hinzu, vielleicht ein paar zusätzliche Schnittstellen, zudem wird bei möglichen Fehlern der Vorgängerversion nachgebessert. „Update“, nennt man das dann.
Es ist wohl der Begriff, der hier auch für die Herangehensweise von We Were Promised Jetpacks am besten passt, allerdings nicht hinsichtlich einer App, sondern einer EP. Das schottische Trio hat im vergangenen Jahr sein fünftes Album Enjoy The View veröffentlicht. Mit A Complete One-Eighty liefern sie nun eigene Neuinterpretationen von drei Songs und zudem drei Remixes, die Manchester Orchestra, Andy Monaghan (er spielt sonst bei Frightened Rabbit und hat diese EP auch produziert) und die schottische Künstlerin Zoe Graham beigesteuert haben.
„Wir haben Enjoy The View in den ersten acht Monaten der Pandemie geschrieben und aufgenommen, wobei wir zunächst getrennt gearbeitet hatten, bevor wir uns im Studio zusammenschlossen, um das Album fertigzustellen. Wir hatten immer das Gefühl, dass dieses Album eine Chance für uns war, einige Dinge auszuprobieren und das gemeinsame Schreiben von Musik anders anzugehen, als wir es zuvor getan hatten„, erklärt die Band. Nicht zuletzt die Erfahrung, die neuen Lieder auch live zu spielen, verstärkte dann die Idee „uns noch einmal an einige dieser Songs heranzuwagen und zu sehen, wohin wir sie noch bringen könnten. Unsere Idee für diese EP war es, ins Studio zu gehen und einfach zu sehen, was wir von dort aus machen“, sagen die drei Musiker.
Für die ersten drei Songs auf A Complete One-Eighty haben sie dabei den Ansatz gewählt, die ursprünglichen Versionen zu entschlacken und quasi in Unplugged-Fassungen einzuspielen. Keines der Lieder entpuppt sich hier plötzlich als die ultimative Version oder eröffnet einen ganz neuen Blick auf das bekannte Material. Aber viele clevere Details dafür immerhin sorgen, dass die Tracks trotzdem spannend bleiben. „Ich denke, Musik zu machen bedeutet, hunderte von kleinen Entscheidungen zu treffen, die letztendlich das Gefühl und den Klang eines Songs ausmachen“, hat Sänger Adam Thompson treffend erkannt.
Fat Chance wirkt nun nachdenklicher, man möchte fast „reif“ und „weise“ dazu sagen. Auch in den anderen Neuinterpretationen treten durch die reduzierten Arrangements die Texte mehr in den Vordergrund. Als Thema von Fat Chance wird die Frage „Wie viel in meinem Leben kann ich selbst beeinflussen, was ist einfach Schicksal?“ klarer deutlich, auch bei If It Happens erkennt man den Blick auf die großen Themen, auf die Irrungen und Wirrungen des Lebens, aber eben auch auf Glücksmomente und Fehlentscheidungen. Zugleich ist dies der Song, in dem man ein bisschen zu ahnen meint, wie schwer We Were Promised Jetpacks der Verzicht auf E-Gitarren fällt, allerdings erwächst aus diesem Verzicht auch die zumindest interessante Soundästhetik des Tracks. All That Glittered schließlich hat von Anfang an eine geheimnisvolle Kraft und braucht auch deshalb gar keinen Pomp.
Deutlich weiter von den Vorlagen entfernen sich die drei Remixes, die A Complete One-Eighty ebenfalls bietet. Manchester Orchestra lassen If It Happens zugleich größer und düsterer klingen: War es bisher ein WG-Zimmer, wird es hier zur Villa, wenn auch eine aus dem spukigen Lost-Places-Katalog. Der Andy Monaghan Remix von Nothing Ever Changes versucht zu verschleiern, dass viele der Kraftquellen von We Were Promised Jetpacks letztlich aus dem Pub-Rock kommen, erstaunlicherweise funktioniert das Lied aber auch in dieser Inkarnation zumindest brauchbar. In den Händen von Zoe Graham wird Fat Chance dann als Schlusspunkt der EP am deutlichsten elektronisch und tanzbar.
Adam Thompson ist (erwartbar) zufrieden mit den Ergebnissen: „Wir dachten, dass es großartig wäre zu sehen, was andere Leute aus einigen dieser Songs machen könnten, und wir freuen uns sehr, dass wir das Glück haben, dass Andy, Manchester Orchestra und Zoe Graham ihnen ihren eigenen Stempel aufdrücken und sie zu etwas machen, was wir nie hätten tun können.“