Künstler | Wild Cat Strike | |
Album | Rhubarb Nostalgia | |
Label | Small Pond | |
Erscheinungsjahr | 2018 | |
Bewertung |
Die Sache mit dem „Wild“ im Bandnamen sollte man bei diesem Quartett aus Brighton nicht allzu ernst nehmen. Bei den ersten Konzerten von Frontmann Danny Byrom, Max Boughen (Gitarre), Chris Whitehorn (Bass) und Joe Caple (Drums) vor rund sechs Jahren gab es zwar angeblich einen Mix aus wildem Punk, Noise-Rock-Experimenten und vielen instrumentalen Passagen. Inzwischen sind aus den Wildkatzen aber offensichtlich Stubentiger geworden. Auf dem morgen erscheinenden Album Rhubarb Nostalgia, dem ersten Longplayer nach einigen EPs vorab, sind sie ganz eindeutig als Slacker zu erkennen.
Trägheit ist hier ein sehr bestimmendes Element, auch wenn sie Wild Cat Strike nicht an gelegentlicher Eruption hindert. „I’ve always been a good sleeper“, bekennt Danny Byrom in der Single I Feel Good zu einem beinahe luftigen Refrain, der auf einen wuchtigen Rest trifft. „Ich wollte einen Country-angehauchten Song mit optimistischer Grundstimmung und einem sarkastischen Singalong-Text als Antwort auf die unzähligen schleimigen Pop-Hymnen schreiben, die man den ganzen Tag im Radio hört,“ erzählt Byrom. „Der Song handelt davon verhältnismäßig glücklich und ein echt sympathischer Draufgänger zu sein, obwohl man ganz genau weiß, dass es eigentlich gar nichts für einen ist und das auch in Ordnung ist“, sagt er.
„Spend a lot of time just wasting my time“, singt er passend dazu in Good Looking. Der Song ist erst verspielt und gelassen, offenbart dann aber echte Verzweiflung, sogar in den instrumentalen Passagen. „Tell me what to do with all of my bad ideas“, heißt es in Lemonade zu einem originellen Rhythmus, bis ganz am Ende plötzlich Loops und Effekte erkennbar werden. Der Titelsong Rhubarb Nostalgia entwickelt sich rund um die Zeilen „Got a lot to think about / trying to forget myself“ von betrübt über spinnert hin zu majestätisch.
Vor allem dann, wenn Guy Jones (früher festes Bandmitglied) noch als Gast an Klavier, Orgel oder Slide-Gitarre dabei ist, lassen sich auch Einflüsse aus Folk und Shanty erkennen, etwa in Thirsty Ocean: Da scheinen sich The Cure im Shoegaze-Modus zu bewegen, während im Hintergrund eine unruhige Klavierfigur zappelt. Zu weiteren Mitstreitern gehören Delta Sleep, im Opener Self-Help Tapes gibt es einen tollen Effekt durch die zweite Stimme von Natalie Evans als Gast. Das Stück ist sehr typisch für den Sound von Wild Cat Strike: Die Basis bilden eine verlorene, verwaschene Gitarre und der verschlafene Gesang, irgendwo gibt es auch ein Klavier, vielleicht auch etwas, das ein Saxofon sein könnte. Was es nicht gibt, ist der Glaube daran, dass die hier besungenen Lebenshilfe-Kassetten irgendetwas bewirken könnten.
Sickle Cell profitiert von sehr origineller Gitarrenarbeit, der Gesang bleibt lakonisch, die Musik wird am Ende furios. Satellite Towns zeigt, wie weit das Konzept von Laut-Leise-Dynamik noch davon entfernt ist, jemals ausgereizt zu sein – nicht nur, wenn man mit einer täglichen Ration Dinosaur Jr. aufgewachsen ist, wie es bei diesen Jungs offensichtlich der Fall ist. Das spartanische Riff, der brutale Gitarrensound und die brüchige Atmosphäre von Everyone Feels The Same könnten Neil Young gefallen, ebenso wie der leicht besäuselte Harmoniegesang im Refrain. Zum Abschluss bestellen Wild Cat Strike noch Another Round und zeigen einmal mehr das Grundprinzip von Rhubarb Nostalgia: Sie sind gefangen in einer Stimmung von „waking up late“ und „still contemplating“ – und ohne das geringste Interesse, daraus auszubrechen.