Künstler | William Patrick Corgan | |
Album | Ogilala | |
Label | BMG | |
Erscheinungsjahr | 2017 | |
Bewertung |
Er hat es nicht leicht. Jetzt benutzt William Patrick Corgan einfach seinen bürgerlichen Namen, und selbst das findet man affektiert. Nicht nur, weil auf dem Cover dann gleich ein eigenes Logo mit den Initialen WPC prangt.
Natürlich hat sich der 50-Jährige, der als Billy Corgan und Frontmann der Smashing Pumpkins einer der erfolgreichsten Alternative-Rock-Musiker der 1990er Jahre war, das selbst eingebrockt. Schon mit seiner Band schoss er gerne übers Ziel hinaus und irritierte mit Stilwechseln, die nie auch nur mit einem Hauch von Humor verbunden waren. Dazu kamen Streitereien mit Bandkollegen und anderen Musikern, die ihn als nicht ganz einfachen Charakter dastehen lassen.
Natürlich ist die Namensänderung bei so jemandem ein Statement, und es ist sehr treffend für Ogilala. Denn die Ernsthaftigkeit ist noch größer geworden, auch im Vergleich zum Solodebüt TheFutureEmbrace, das schon fast 15 Jahre her ist. Die elf neuen Lieder, aufgenommen in den Shangri La Studios in Malibu, sind getragen und reduziert, geprägt von Klavier und akustischer Gitarre. Nirgends gibt es einen Beat, erst kurz vor Schluss erklingt in Shiloh erstmals ein (sehr dezenter) Sound, der aus Saiten stammt und elektrisch verstärkt ist.
Der vielleicht typischste Song ist Processional: Das Fundament ist eine akustische Gitarre (gespielt von James Iha, mit dem er hier erstmals seit dem Split der Smashing Pumpkins wieder gemeinsam zu hören ist), mit der Zeile „It’s a long way to get back home“ gibt William Patrick Corgan eines der wichtigsten Themen des Albums vor („Home may be calling“, heißt es wenig später nochmal in The Long Goodbye) dazu gibt es einen sehr markanten Klavierton, der immer wiederkehrt – genau durch diese eine Note wird das Lied besonders.
„So lange wie ich zurückdenken kann, konnte ich den Unterschied zwischen Songs, die ich für mich schrieb und Songs, die ich für welche Band auch immer schrieb, nie genau erklären. Und das ist noch immer so, denn sie fühlen sich alle sehr persönlich für mich an, egal aus welcher Zeit oder Ära. Der einzige Unterschied bei den Songs für Ogilala ist, dass sie wenig Verzierung benötigten”, sagt Billy Corgan. Die Verantwortung für diese klanglichen Dekorationsarbeiten übertrug er – höchst erstaunlich für einen Mann, der als Kontrollfreak und Perfektionist verschrien ist – an Produzent Rick Rubin, der auch ausschlaggebend für die Entscheidung war, den Charakter der Platte so intim zu belassen. „Nachdem ich die Songs für Gesang und Gitarre geschrieben hatte, habe ich mich in Ricks Hände begeben und ihm die Entwicklung der Musik überlassen. Normalerweise hätte ich mehr getan und mehr an der Produktion geschraubt, aber stattdessen hat Rick mir die Bürde auferlegt, Liveaufnahmen auf einem molekularem Level abzuliefern. Der Rest war einfach nur eine Reaktion.”
Die Arrangements, die Rubin wählte, sind entsprechend spartanisch. In Aeronaut erklingen Streicher zur vorsichtigen Aufforderung „Lovers, won’t you mourn with me?“, Zowie eröffnet die Platte mit vielen Moll-Klavierakkorden, Half-Life Of An Autodidact hat als einziger Song etwas mehr Tempo und wird vergleichsweise opulent.
Natürlich kennt man diese romantische und sanfte Seite, die etwa in Mandaryne, dem sehr niedlichen Amarinthe oder im zärtlichen Album-Schlusspunkt Archer besonders deutlich wird, schon von diesem Künstler. Zweifellos bietet die Platte auch viele schöne Melodien, eine sehr geschlossene Atmosphäre und die unnachahmlich beleidigte Stimme von Billy Corgan, die man hier so klar und unverstellt hört wie vielleicht nie zuvor. Trotzdem gibt es einige Phasen auf Ogilala, in denen man traurig werden kann, dass der Mann, der die Riffs zu Zero oder Bullet With Butterfly Wings geschrieben hat, jetzt so beschaulich klingt.
Wie die Songtitel schon zeigen, wird es bei Billy Corgan auch weiterhin gerne mal spinnert. Am klarsten zeigt das ein schlimm selbstverliebtes Lied wie Antietam, das offensichtlich ausschließlich darauf basiert, wie sehr ihm der Klang dieses Worts gefällt. Im Text geht es um eine wichtige Schlacht des Sezessionskriegs, der auch in einigen weiteren Liedern besungen wird, auch das darf mal wohl als prätentiös bezeichnen.
„Take me as I am“, singt Corgan hier an einer Stelle in The Spaniards zu einem absichtlich etwas unbeholfenen Takt. Ogilala zeigt letztlich, wie schwer ihm dies selbst noch immer fällt, dass er dem Ziel aber vielleicht näher kommt.