Künstler | Diverse | |
Album | Wish I Was Here (Music From The Motion Picture) | |
Label | Sony | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Als Zach Braff 2004 sein Regie- und Drehbuchdebüt Garden State ablieferte, fuhr er damit nicht nur einen Kinoerfolg ein. Auch der Soundtrack, bei dem er auf viele Indiekünstler gesetzt hatte (u.a. The Shins, Coldplay, Zero 7, Nick Drake, Iron & Wine) wurde gefeiert, mehr als 1,3 Millionen Mal verkauft und unter anderem mit einem Grammy ausgezeichnet. So sehr Garden State’s Wirkung von dieser Musik profitiert hat, so sehr haben etliche der darauf vertretenen Bands – vorneweg The Shins – einen ordentlichen Karriereboost durch die Präsenz auf der Kinoleinwand erfahren. Jon Dolan hat das Werk im Rolling Stone sogar als den Film bezeichnet, „der Hollywood half, den Indie-Pop zu retten“.
Als zehn Jahre später mit Wish I Was Here erneut ein (übrigens ganz Indie-mäßig per Crowdfunding-Kampagne finanzierter) Film anstand, bei dem Zach Braff neben der Hauptrolle auch Drehbuch und Regie übernahm, war verständlicherweise auch in der Musikwelt die Aufmerksamkeit groß. Wen würde er auswählen? Wie würden die Songs im Film wirken? Und könnte es vielleicht sogar so etwas geben wie „die neuen Shins“, also einen Act, der durch diesen Soundtrack die nächste Karrierestufe erklimmt?
Mit etwas Abstand kann man auf die letzte Frage mittlerweile „nein“ antworten, was vielleicht auch am deutlich geringeren Impact liegt, den Wish I Was Here im Vergleich zu Garden State in der Kinowelt hatte. Denn genug Kandidaten, die man als neue Lieblinge ins Herz schließen könnte, finden sich inmitten dieser vierzehn Songs allemal. Zach Braff hat natürlich erneut vor allem anhand der Eignung für den Film kompiliert, obwohl darin auch Songs von Bob Dylan, Bonde do Rolé, Imogen Heap, James Taylor und den Cary Brothers zu hören sind (teils sogar an ziemlich zentralen Stellen), die aber auf dem Soundtrack nicht vertreten sind. Trotzdem funktioniert auch Wish I Was Here (Music From The Motion Picture) wieder wie ein gutes Mixtape. Und ganz offensichtlich steckt hinter der Auswahl der Songs, von denen etliche zum Zeitpunkt der Filmpremiere schon mehrere Jahre alt waren, auch der Versuch, sie mit etwas Verspätung ins verdiente Rampenlicht zu rücken.
The Shins sind wieder dabei, sie eröffnen den Reigen mit So Now What, einem der exklusiv für den Film aufgenommenen Stücke. Es ist ein typischer Moment sowohl für ihren eigenen Sound als auch für die Wirkung von Wish I Was Here: Der zuckersüße Beginn wird mit Passagen von großer Kraft und einem himmlischen Refrain kombiniert, daraus sprechen Wehmut, ein bisschen Aufbegehren, vor allem aber eine Vorsicht, die sich in nichts lieber verwandeln würde als in Vertrauen.
Wie schon der Soundtrack zu Garden State so ist auch diese Compilation offensichtlich stark daran interessiert, Kontinuitäten und historische Linien nachzuzeichnen. Es gibt diesmal zwar keinen „Oldie“ wie Nick Drake, aber etliche Stücke, die den Sound und Geist vergangener Zeitalter heraufbeschwören. Broke Window von Gary Jules Klingt wie Simon & Garfunkel in den Sixties, beim famos zärtlichen Mend von The Weepies möchte man fast wetten, dass das ein Stück aus der Feder von Carole King ist, so viel Klasse (und letztlich Zeitlosigkeit) steckt darin. Hozier wandert mit der Live-Aufnahme von Cherry Wine, die nur Gesang und Gitarre nutzt, auf den Spuren vieler Folk-Vorbilder, The Head And The Heart beschließen die Sammlung mit No One To Let You Down, getragen vom Gedanken an Einsamkeit als letzter Zuflucht der Enttäuschten und Sensiblen und ein bisschen Country-Flair.
Der tatsächlich älteste Song ist The Obvious Child von Paul Simon, der hier die unwiderstehliche Kraft afrikanischer Rhythmen mit großer melodiöser Raffinesse paart. Radical Face scheinen ihre Inspiration für The Mute hingegen bei Mumford & Sons gesucht zu haben, Jump, Little Children liefern mit Mexico eine gefällige und betont amerikanische Interpretation von Indie, etwa im Stile der Goo Goo Dolls, Aaron Embry erweist sich mit Raven’s Song als Bruder im Geiste von Rufus Wainwright.
Ein Höhepunkt ist Wait It Out von Allie Moss, das (nicht nur wegen der Ukulele) zunächst in erster Linie niedlich wirkt, sich dann aber mehr und mehr als innig und rührend erweist. In Breathe In von Japanese Wallpaper feat. Wafia klingen schon die ersten Gitarrentöne wie die ultimative Vertonung eines gebrochenen Herzens, und in dieser Stimmung geht es auch weiter. Allerdings kann der Song diesem starken Auftakt leider keinen vergleichbar wirkungsvollen Moment mehr hinzufügen. The Shining von Badly Drawn Boy war beispielsweise auch schon auf dem Soundtrack zu About A Boy vertreten, funktioniert aber auch hier gut: Cello und Bläser setzen interessante Klangtupfer, das Highlight des Songs ist, wie meisterhaft er knapp viereinhalb Minuten lang die Zeile „And suddenly you’re in love with everything“ vorbereitet.
Den offiziellen Titelsong steuern Cat Power und Coldplay gemeinsam bei, das Ergebnis ist etwas unspektakulärer als diese Konstellation es erhoffen ließ, aber erwachsen und schön. Gleich zweimal sind Bon Iver auf Wish I Was Here dabei, beide Beiträge sind eine kongeniale Unterstützung für die Ästhetik und Atmosphäre des Geschehens auf der Leinwand. Heavenly Father wird ungewöhnlich und doch anheimelnd, mutig und intim. Holocene zeigt vielleicht am besten vieles von dem, was auch die Filme von Zach Braff ausmacht: Es ist leise, zerbrechlich, stimmungsvoll, einfühlsam und bei all dem tatsächlich auch noch spannend.