Yukno – „König ohne Land“

Künstler Yukno

König ohne Land Yukno Review Kritik
Hinter Yukno steckt ein Brüderpaar aus der Steiermark.
EP König ohne Land
Label Yukno
Erscheinungsjahr 2016
Bewertung

Vielleicht war es die Erfahrung mit Hölle. So hieß eine Single von Neodisco aus dem Jahr 2012. In dieser Band mischten die Brüder Georg und Nikolaus Nöhrer mit, brachten es bis zu einem Vertrag mit dem Major-Label Columbia und landeten mit ihrem ein Jahr später erscheinenden Debütalbum immerhin auf Platz 18 in den Charts ihres Heimatlands Österreich. So richtig in Schwung kam die Karriere von Neodisco aber nicht. 2015 war Schluss, nach insgesamt sechs Jahren.

Man darf davon ausgehen, dass damit für die beiden Brüder aus der Steiermark ein ordentliches Maß an Ernüchterung einher ging. Denn angesprochen auf ihr neues Projekt Yukno sagen sie nun sehr bescheiden: „Wir machen deutschsprachigen Indie-Pop. Mit Elektronik. Der Text ist uns wichtig. Die Musik schafft nur die Umgebung für das, was gesagt wird.“ So lautet die Selbstbeschreibung im Interview mit How Deep Is Your Love. Nicht nur im Hinblick auf die Ambitionen gibt es eine Neuausrichtung, sondern auch stilistisch, wie neben diesem Zitat auch die Debüt-EP König ohne Land belegt, die morgen auf ihrem eigenen Label veröffentlich wird: Statt Sprechgesang mit fetten Beats gibt es hier einen deutlich organischeren, ernsteren, erwachseneren und entspannteren Sound.

Der Titelsong König ohne Land vereint Steel Drums mit einer fast fatalistischen Perspektive: Das Reich, in dem dieser König früher herrschte, muss eine Insel voller Einwohner mit einem ziemlich beschaulichen Lebenswandel gewesen sein. Auch die Single Zu meinen Göttern hat einen recht sonnigen Sound. Im Text geht es darum, die Muster hinter den Routinen und vermeintlichen Selbstverständlichkeiten unseres Lebens zu erkennen, sie darauf abzuklopfen, wo sie uns im Weg stehen und wo sie unserer Bequemlichkeit schmeicheln.

Wir bleiben beide hier ist, wie viele Tracks dieser EP, tanzbar, aber wie für Leute im Halbschlaf; es ermöglicht Euphorie, aber mit einem Rest von Bedauern. „Die Welt ist zu laut! / Kannst du mich verstehen?“, lauten die passenden Zeilen dazu. In Synchron sezieren Yukno die Nacht, das Ausgehen und den Flirt als Flucht, an deren Wirksamkeit zwar nicht mehr mit vollem Herzen geglaubt wird, die aber immer noch besser erscheint als das, was der nächste Tag dann zu bieten vermag. Teer ist ein gutes Beispiel dafür, dass das neue Metier der Brüder Nöhrer mindestens ebenso sehr als sehr zeitgemäße Rockmusik gelten kann wie als innovativer HipHop. Auch hier erscheint der flüchtige Rausch als Trost, auch hier merkt man zudem: An Hoffnung wird zwar nicht vollends geglaubt, aber sie wird trotzdem nicht ausgeschlossen. Vielleicht gilt das ja auch für den zweiten Versuch mit der großen Karriere.

Auch das Video von Zu meinen Göttern vermeidet Glamour und Spektakel.

Website von Yukno.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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